Freitag, 5. April 2013

Die linden Lüfte sind erwacht ODER Aufgalopp in den Frühling


4. April 2013
Endlich zeigt sich heute die Sonne, endlich keine Temperatur nur um 0 Grad. Gut gelaunt fahre ich zu Marfim. Heute gehts endlich mal wieder ins Gelände, ein Ausritt soll Abwechslung bringen nach den vielen Dressureinheiten. Keiner meiner Freunde hat Zeit, aber kein Problem, mein Hengst und ich sind zusammenge-schweißt, jeder kennt jede kleinste Regung des anderen. Es hat noch nie irgend etwas gegeben, mein Goldschatz ist ein 100 %iges Verlasspferd. Fürchtet als ehemaliges Stierkampfpferd nichts, schreckt sich nie.
Wir reiten in die Traunauen, hier gibt es noch Natur pur, keine Asphaltstrassen, nur Naturboden, Wiesen, Sandwege und Wald. So nah an der Stadt und doch mitten in der Einsamkeit. Nur am Traunradweg gelegentliche Spaziergänger und Radfahrer.
Marfim schreitet munter voran. Ich kann erkennen, daß auch er viel Freude am heutigen Ritt hat. Die Luft ist erfüllt vom Knoblauchgeruch des Bärlauchs, der jetzt den gesamten Auwald mit seinem satten Grün bedeckt.
rechts und links des Weges sprießt der Bärlauch hervor

Feines Summen der ersten Insekten kann ich vernehmen, das Gezwitscher der Vögel, die geschäftig ihre Nester ausbauen, um für den Nachwuchs gewappnet zu sein. eine tiefe Ruhe ist zu spüren, und FRIEDEN!

Wie genieße ich diesen Ritt! Nach einiger Zeit verlasse ich den Auwald, jetzt ist Marfim gut aufgewärmt, Zeit auch etwas höheres Tempo einzuschlagen. Wir nehmen den Wiesenweg zwischen dem Radweg und dem Ausgleichsgraben bei ev. Hochwasser.

Gehts nun endlich los?
 Hoch richtet sich Marfim auf, er kennt diese Strecke und weiß, jetzt liegen 1600 m Wiese vor uns. Ich versuche sein Verlangen noch etwas in Grenzen zu halten. Erst mal Traben!! Munter hebt er seine Beine bis zur waagrechten, schnaubt mehrmals ab und fragt nach dem Galopp.
Der Wind fährt durch sein Haar, als würde er damit das Startzeichen geben
Nach einiger Zeit geb ich das Zeichen. Halt, halt nicht gleich so schnell! Ginge es nach Marfim, würden wir nur so dahinfliegen. Doch seine 20 Jahre alten Beine wollen schon etwas Schonung. Wir galoppieren an ein paar Spaziergängern vorbei, die stehenbleiben und uns nachsehen. Ein Radfahrer kommt in Sicht, wir holen ihn ein, ich lockere die Zügel und Marfim reagiert sofort. Er streckt sich und wir fliegen los. Welche Kraft durchströmt meinen Körper, welche Lebensfreude und Lust drückt sich darin aus. Ein "Jippiiiieee" entfährt meinem Mund, als wir den Radler überholen, als würde dieser stehen. Doch nach ein paar hundert Metern mahne ich Marfim zum Trab überzugehen. Er soll sich nicht überanstrengen. Früher, ja früher, da sind wir die 1600 Meter in 2 Minuten durchgaloppiert. Heute freue ich mich aber auch über ein kleineres Stückchen, genieße es, ich will ja nichts riskieren.
Ach wie schön ist die Natur, wie wunderbar die Pferde, und das Leben läßt sich so so richtig "erleben".
Am Ende dieses wunderbaren Stückchen Natur biegen wir ab zum Weiggerlsee. Dieser ist in 2 Teile geteilt, ein größerer See, der nur für die Natur, Fischer und Vögel reserviert ist, und ein kleinerer, der zum Baden und für die Menschen vorgesehen ist.
Über einen verschlungenen Pfad reite ich zum Ufer.

Andächtig stehen wir da

Still liegt der See vor uns, keine Menschenseele weit und breit. Wie wunderbar ist doch dieses Fleckchen Erde.

Hier ist die Welt noch in Ordnung. Hier kann man all das vergessen, was man täglich durch Radio, Fernsehen und Zeitung vorgesetzt bekommt. Hier herrscht FRIEDEN!



Nach einigen Minuten des Verharrens machen wir uns auf den Heimweg. Der verläuft ganz gemütlich im Schritt, eine kleine Trabreprise. Ich nehme jetzt die andere Seite der Au, sodaß ich nicht am gleichen Weg zurück muß. Ich reite meistens einen Kreis, das finde ich besser, man sieht wieder Neues. Ein paar Fußgänger mit ihren Hunden begegnen mir. Auch sie nutzen den Frühlingstag. Freundlich wechsle ich ein paar Worte. Kurz bevor ich wieder in Ebelsberg beim Stall ankomme, begegnen uns 2 Spaziergänger. Die Frau spricht mich an und bittet mich, mein Pferd streicheln zu dürfen. Sie ist auch früher geritten, erzählt sie, und sie liebe den Pferdegeruch. Ganz tief steckt sie ihre Nase in Marfims Fell und atmet tief ein. Ein verklärter Blick von ihr. Ihr Begleiter blickt eher etwas irritiert.
Nach gut eineinhalb Stunden und etwas mehr als 10 km sind wir wieder zurück. Zurück in der alten Welt, zurück bei den täglichen Herausforderungen. Zurück bleibt aber auch die Erinnerung an einen wunderbaren Ritt, einen gemeinsamen Ausflug mit Harmonie, Einssein und Liebe. Liebe zur Natur und zu diesem wunderbaren Hengst.

Freitag, 15. Februar 2013

Im Nachhinein weiß man warum - Die Geschichte von Atrevido

Februar bis Mai 2008 

Im Februar 2008 begleitete ich meine Grazer Freunde auf eine Pferdetour in Portugal. Ich liebe dieses Land und nützte diese Gelegenheit die wundervollen Pferde - die Lusitanos - zu besuchen. Aber auch die herzlichen Leute, das gute Essen, der wunderbare Wein..... Nicht zu vergessen, das milde Klima und wenn wir bei uns mit der Kälte und Schnee auf den Straßen, Gehsteigen und sonst überall plagen, zu dieser Zeit blüht in Portugal alles und der Frühling hat Einzug gehalten.
Auf unserer Reise bei den verschiedenen Züchtern machten wir bei Paulo Fernandes einem lieben Freund Station. Die Junghengste wurden uns vorgestellt und ein kleiner 3jähriger weckte meine Aufmerksamkeit, sodaß ich Fotos und ein Kurzvideo von ihm machte. Da ich selber sehr klein bin interessieren mich naturgemäß Pferde, die von der Größe auch eher klein geraten sind. Noch dazu bewegte sich dieser Jungspund mit bemerkenswerter Manier. Damit war es aber auch schon vorbei, der nächste Youngster wurde uns vorgeführt.




Wieder zu Hause bearbeitete ich das Foto- und Filmmaterial und ich war fasziniert von diesem kleinen Lusitano. Atrevido hieß er, den Namen habe ich von meinen Grazern erfahren. Ich mußte immer wieder an ihn denken und er spuckte als Nachwuchspferd zu meinem Marfim in meinem Kopf herum. Also rief ich den Züchter Paulo an und fragte nach, ob er noch zu kaufen wäre. JA - mir wurde warm ums Herz. Kurz entschlossen - so gar nicht meine Art - wechselte er in meinem Besitz. Mit Herzklopfen wurde mir bewußt was passiert war. Eigentlich konnte ich mir ein 2. Pferd nicht leisten, eigentlich kann ich mit einem rohen Pferd nichts anfangen, eigentlich habe ich weder Zeit noch Energie, um mich um ein 2. Pferd zu kümmern. Aber wie es oft im Leben kommt, man tut Dinge, die nicht vom Verstand aus gesteuert werden.

Nun begann das Intermezzo mit Atrevido!

Atrevido in Portugal
Sehr gute Bewegungen zeichnen ihn aus und .....



..... er bewegt sich mit viel Charme


Von einer Bekannten ließ ich ein Pferdeinterview machen und u.a. war darin ganz deutlich die Rede vom großen berühmten Mann in Österreich, der für Atrevido eine große Rolle spielte. Was das bedeutete erfuhr ich später.

Anfang Mai passierten dann die merkwürdigsten Dinge. Angefangen, daß der Transporteur mir das Pferd an meine Wohnadresse zustellte, obwohl ich die Stalladresse angegeben hatte. Ich bekam ganz große Augen, als es an meiner Türe läutete und ein unbekannter Mann mir sagte er wäre mit meinem Pferd da. Ich muß dazu noch sagen, daß ich in Zentrumslage mitten in einer 200.000 EW-Stadt wohne. Vielleicht sollte ich ihn auf meiner Dachterasse unterbringen?

Also geschwind in mein Auto und dem riesigen Truck, der ganz cool auf einer der Hauptverkehrsstrassen auf der ersten Fahrbahn geparkt hatte, vorgefahren um ihm zum 15 km entfernten Stall zu lotsen. Gott sei Dank hatte ich einen Platz in einem Stall am Land gefunden, wo es riesige Weiden und Leute mit Jungpferdeerfahrung gab.
Zum Eingewöhnen kam er auf ein Paddock, wo er aber so gar nicht alleine bleiben wollte. 
Alleine auf dem Paddock

Wo sind die anderen?

Betrachten den Neuankömmling

Das Gras in Österreich schmeckt aber gut

So wurde er am nächsten Tag gleich in die Herde integriert. Am Abend kamen die Pferde in die Boxen, wo ich versuchte ihn an mich zugewöhnen, ihn zu putzen und zu streicheln. 

Von Tag zu Tag wurde es immer schwieriger ihn einzufangen, was schon bis 2 Stunden dauerte, trotz Professionellem Umgang. Jedes Mal wenn ich zu Atrevido kam, zeigte er mir immer deutlicher, daß er von mir so gar nichts hielt. Ich gebe ja zu, daß ich Null Jungpferdeerfahrung hatte, aber ansonsten war ich doch sehr versiert im Umgang mit Pferden.
Ist er anfangs noch zu mir gekommen, um sich eine Karotte abzuholen und ließ er sich kraulen, wurden die Momente immer seltener, bis er gar nicht mehr kam und schlußendlich sogar in meiner Richtung ausschlug. In der Box wurde er auch unwilliger und mir wurde langsam klar - Wir sind nicht füreinander bestimmt.

Nach einigen weiteren Tagen ließ er sich überhaupt nicht mehr einfangen, und so wurde er mit 2 anderen alten Pferden auch in der Nacht auf der Koppel gelassen.  Gelang es doch ihn einzufangen, riß er sich trotz Kette los, verletzte sich dabei.

Nach 2 Wochen war mir absolut klar, daß ich ihn wieder verkaufen werde. 

Kerstin Brain war auf der Suche nach kleinen Lusitanos für ihre Showauftritte. Da erfuhr sie von Atrevido, besuchte ihn mit Lorenzo ihrem damaligen Freund und
war gleich verliebt in ihn. So wechselte Atrevido ganz schnell seinen Besitzer. Kerstin kam gut mit ihm zurecht und nach einiger Zeit probierte ihn Lorenzo für seine Show aus. Was soll ich sagen, Atrevido wußte was er wollte, er wollte nicht Dressurpferd bei einer kleinen Lady werden sondern er wollte ins Rampenlicht der großen Shows - und landete beim großen berühmten Mann in Österreich. Ich konnte ihn dann bei einer seiner Auftritte besuchen, streichelte ihn sanft über den Hals und war sehr zufrieden, seine Weichen gestellt zu haben und sein Vermittler gewesen zu sein. Hätte ich Atrevido nicht nach Österreich geholt, wer weiß wo er gelandet wäre. ganz sicher nicht bei seinem großen berühmten Mann.