Mittwoch, 4. November 2020

Marfims und mein Umgang miteinander - Wie ein altes Ehepaar



Jetzt sind es schon 16 Jahre, die wir zusammen verbringen dürfen. 16 wunderbare Jahre mit vielen Hochs und auch Tiefs, wie es halt im Leben so läuft, eine Achterbahn der Gefühle, Erlebnissen und Lernschritte. Jeder kennt den anderen bis ins Detail.

Du kennst das Motorengeräusch meines Autos, Dein Kopf kommt aus dem Fenster und Du begrüßt mich, oder spürst Du meine Vorfreude Dich wieder zu sehen?
Gleich teilst Du mir durch Brummeln mit, Futter ist angesagt. Da Du mit Deinen 27 Jahren leider nicht mehr richtig kauen kannst, das Heu nur mehr der Beschäftigung dient, aber nicht mehr den Magen erreicht, bekommst Du gleich eine Ration Deines "Breis". 4 Mahlzeiten sind es täglich, die ich Dir in großen Kübeln vorbereite und die Du den Tag verteilt bekommst. So sieht Dir keiner Deine 27 Jahre an, rund, gesund und zufrieden so wie ich meine. Auch reiterlich bist Du noch immer voller Freude dabei und wir tanzen gemeinsam über den Reitplatz. Alle Lektionen, Seitengänge, Piouretten, Serienwechsel bis auf die 1er Wechsel, an denen basteln wir noch, Piaff und Passage, und zum Abschluß der spanische Schritt, da weißt Du jetzt sind wir fertig. Klar daß wir jetzt nicht jeden Tag das ganze Programm abspielen, je nach Lust und Laune mal dies, mal das. Dazwischen Pausetage wo wir durch die Gegend schlendern, dazwischen mal ein Ausritt. Auch Longieren und Handarbeit zur Abwechslung. Und wenns paßt auch mal Freiarbeit. So wird uns beiden nie fad bei so viel Abwechslung. Auch sagst Du mir sehr genau was ansteht und wozu Du Lust hast. Auch wenn Du meinst es ist genug und von alleine den span. Schritt anbietest um mir damit mitzuteilen für heute hast Du fertig gearbeitet. 2 mal in der Woche betreuen Dich Natascha und Birgit, damit Frauchen mal Pause hat.

Nach der Arbeit kommt das Vergnügen. Nach dem Absatteln gehen wir  in die kleine Halle zum wälzen und "Zeitungslesen". Als Hengst mußt Du Dich natürlich genau informieren wer vor Dir in der Halle war, vielleicht hat eine rossige Stute ihren Duft hinterlassen? Dann flehmst Du um den Duft noch besser aufnehmen zu können. Nach einiger Zeit rufe ich Dich, es ist Zeit zu gehen, gehorsam kommst Du her um Dir das Halfter anlegen zu lassen. Du weißt ja was jezt noch kommt, der beste Teil des Tages - die Koppel. Vor der Halle parkst Du Dich beim großen Müllcontainer ein, damit ich mittels der Stufen auf Deinen Rücken klettern kann, zu Fuß ist mir der Weg zur Koppel schon zu anstrengend und Du weißt das auch. An der Koppel angekommen sehe ich Dir die Freude an, endlich darfst Du Dich total frei bewegen und kannst machen was Du willst. Ich sitze am Sessel und sehe Dir beim Grasen zu, obwohl Dir dann die Wickler wieder aus dem Maul fallen, bei Bedarf Erde schlecken, im Herbst Mostbirnen fressen. Ja das mit den Birnen ist so eine Sache. Laut Tierarzt sollst Du nur 5 Stück auf einmal fressen, um den empfindlichen Magen nicht zu belasten. Jetzt steht am Koppelzaun aber ein riesiger zig Jahre alter Mostbirnbaum, sicherlich 10 m hoch mit hunderten, nein Tausenden Birnen, die im Herbst natürlich herunterfallen. Ein Schlaraffenland für Dich, aber nicht für Deinen Magen. Und jetzt kommt die Herausforderung, "Wie sag ichs meinem Pferd?" Er versteht meine Einwände nicht, glaubt sie nicht. Also muß ich deutliche Signale setzen. Verjage ich Dich von den Birnen - und jetzt kommt es - sag mir noch einmal jemand, daß Pferden nicht einem etwas zu Fleiß machen können - dann läufst Du schnurstracks nach hinten zur Koppel wo ein richtig tolles Gatschloch ist, und obwohl Du Dich gerade vor 5 Minuten erst gewälzt hast, liegst du in Null komma Nichts genüßlich in der Pampe, rechte Seite, über den Rücken rüber auf die linke Seite, den Hals und Kopf noch richtig toll hineingerieben, sodaß hoffentlich nicht ein bißchen weißes Fell überbleibt. Dann springst Du auf und ganz stolz und selbstbewußt stolzierst Du an mir vorbei Richtung Birnen. Also lasse ich mir ewas Neues einfallen. Mit einer Longe, die ich als Abtrennung für den vorderen (Birnen)Teil der Koppel spanne. Aber da hab ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Man kann richtig sehen wie Deine Rädchen im Gehirn arbeiten, mit welcher Methode man die Abtrennung überwinden könnte. Oben drüber - nein springen ist nicht so ganz Deins, und die Longe um den Hals ist nicht sehr bequem. Also unten durch. Kaum sehe ich mal zur Seite hast Du es geschafft und kriechst unten durch. Also das funktioniert auch nicht. Die Longe in meiner Hand und schwingen wenn Du ihr näherst, da ist Dein Geduldsfaden länger als meiner. Also Dich anhängen, doch das hat sich auch nicht bewährt, weil Du es meisterlich verstehst Dich sofort mit den Beinen in der Longe zu verhängen, damit ich gleich wieder alles entferne. Schlau muß man halt sein, ich kann Dir diese Gedanken direkt aus Deinem Gesicht ablesen.

Na was soll ich sagen, im Endeffekt hast Du gewonnen, es ist Dein Magen, und so ist Deine 20 Minuten Zeit oftmals noch verkürzt wenn ich meine, es ist nun  aber wirklich genug Birnenmus in Deinem Magen gelandet. Nach 20 Minuten beenden wir den "Freigang" und gehorsam parkst Du Dich neben der Leiter ein, damit ich wieder auf Deinen Rücken klettern kann. Wir reiten nach Hause, allerdings geht das nicht ohne "Ehrenrunde" um den großen Reitplatz, die sogenannte Rennbahnrunde. Danach gehst Du beim Stall selbständig zur Leiter, damit ich leicht von Dir runter komme. Du bist einfach ein GOLDSCHATZ!!!! Danke Marfim, daß Du bei mir bist!