Sonntag, 25. September 2011

Perfekte Piaffe unter Nadja


Mittwoch, 11.August 2004
Nadja, meine Reitbeteiligung und Pferdebetreuerin ritt Marfim und ich unterrichtete sie. Am Ende der Stunde, ich hatte wieder nichts Bestimmtes im Kopf, dachte ich, wir könnten die Piaffe versuchen. Die Piaffe ist eine Dressurlektion, bei der das Pferd auf der Stelle im Trabtakt sein Beine bewegt. Aber nicht irgendwie bewegt, nein, dazu gehören mehrere Dinge. Bei der perfekten Piaffe wölbt sich der Rücken auf, das Gewicht wird großteils auf die Hinterhand verlagert, diese dabei weit unter den Körper Richtung Schwerpunkt gebracht, der unter dem Reiter liegt, dabei senkt sich die Kruppe ab, die Hinterbeine werden in allen Gelenken stark gebeugt, um dabei die Hauptlast des Körpers aufzunehmen. Nur dann, wenn die Schulter frei wird, können sich die Vorderbeine leicht, erhaben, den Unterarm bis zur waagrechten, bewegen. Die Hinterbeine sollen soweit gehoben werden, bis die Hufe auf Fesselgelenkshöhe treten. Dabei darf nie der diagonale Takt in ruhigem Tempo verloren gehen.
Marfim hatte sie leider nicht korrekt gelernt, in Portugal strampelte er wie wild auf der Stelle, adiagonal und mit viel Gewicht auf der Schulter und rückständiger Vorhand.
Wir begannen auf der linken Hand. Ich brach ein Stück Zweig ab, da Nadja ohne Gerte ritt, um ein wenig taktile Hilfengebung zu leisten. Sagte ihr, sie  soll Marfim rund und durchlässig machen, ein paar Tritte rückwärts, dann anreiten und sonst nichts weiter. Beim anreiten tippte ich mit der Zweiggerte auf seine Kruppe, er begann zu piaffieren, dann tippte ich 1x ganz kurz an die Hosen, ich weiß nicht mehr die genaue Stelle, aber plötzlich senkte sich die Kruppe, die Hinterhand ging Richtung Schwerpunkt, und Marfim piaffierte in einem ganz langsamen, ruhigen Takt mit ca. 30 cm hoch erhobenen Beinen vorne und hinten bis über Fesselgelenkshöhe. Eine perfektere Piaffe gibt es nicht, ein Traum. Welch magischer Moment!! Nur wir drei haben das erleben dürfen. Nadja stellte es die Haare auf, so toll war ihr Gefühl. Wieder einmal hat mein wunderbares Pferd gezeigt, daß er alles in Perfektion kann, wenn alles paßt. Wir müssen halt wirklich noch den Weg zueinander, die richtige Kommunikation finden. Es war das wundervollste Geschenk, das wir zwei heute von Marfim erhalten haben.




Samstag, 17. September 2011

Intuition zum Spanischer Schritt an der Hand


Ende Juli 2004
Beim Reiten finde ich nicht die Hilfe für den span. Schritt. Marfim kann ihn ja wirklich, auch macht er ein paar Tritte, dann aus. Die Kommunikation klappt einfach nicht. Ich denke, zermartere mein Hirn, probiere, aber nichts hilft wirklich. Eines Tages, ich habe an nichts besonderes gedacht, hatte ich plötzlich die Intuition, den span. Schritt an der Hand zu versuchen. Ich selber dachte nicht aktiv, wurde aber wie durch eine fremde Kraft geleitet. Ich hatte auf einmal den Gedanken im Kopf, seinen Kopf etwas am Kappzaum  höher zu nehmen und leicht zurück zuhalten, gleichzeitig die Gerte waagrecht ca. ½ m vor seiner Brust zu halten, ohne ihn zu berühren. Nach ein paar Schritten kamen plötzlich die Vorderbeine so hoch hinaus, daß mich seine Karpalgelenke an meinem Oberarm trafen. Dabei trat er mit den Hinterbeinen weit nach vor. Ich war verblüfft, verwundert und total begeistert, einen so traumhaften span. Schritt in Perfektion hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Auf diesem geistigen Weg zeigte er mir, daß ER ja alles gut kann, nur mit meiner Kommunikation hapert es halt noch. Ich darf nicht soviel denken, sondern muß mehr ins Gefühl gehen. Wie sagte er bei einem Gespräch gleich am Anfang, als er zu mir kam: Sie soll sich alles nur vorstellen, wenn sie oben auf mir sitzt, dann wird es schon. Ich hoffe, wir finden jetzt den richtigen Weg zueinander. Kommunikation ist nicht nur körperlich, sie ist vor allem geistig. Danke für diese Lektion, mein toller Hengst.




Sonntag, 11. September 2011

Das Kompliment


Sonntag, 30.5.2004
Ich war eine Woche mit Marfim, meinem Lusitanohengst bei Gabi Orac in Kottingbrunn beim Lehrgang für Behindertenreiten, als aktiver, behinderter Reiter in den Integrationsstunden.
Am Donnerstag holte ich Eva Wiemers - eine Corifee bei Zirkuslektionen, um Marfim das Kompliment beizubringen. Von Thomas Kleba - dem Vorbesitzer - wußte ich, daß Pedro - der Bereiter - mit ihm  noch Anfangsübungen gemacht hatte, allerdings nur vom Boden aus. Angeblich durch touchieren am Röhrbein. Zu Hause probierte ich  vorsichtig, doch keine Reaktion. Eva zeigte mir, wie man die Leckerlis gibt, immer mit der Hand zum Brustbein füttern, ein Stück Richtung Hinterbeine zurück und abwärts zum Karpalgelenk. Zuerst muß sich die Brustwirbelsäule, dann die Lendenwirbelsäule heben, der Rücken aufwölben. Eva hatte ihn an der Beinlonge. Er machte einige schöne Komplimente links und rechts. Ich freute mich über Marfim, daß er so kooperativ war und es so gut klappte. Am Freitag half mir Eva Sogl, eine Kursteilnehmerin, wir brachten ihn ein paar Mal runter. Samstag probierte ich mit Gaby Orac, er ging 1x kurz runter, dann ging nichts mehr. Er verschmähte die Leckerlis, ging höchstens noch bis zum Brustbein. Ich war sehr enttäuscht, zornig und traurig, alles verpfuscht zu haben. Am Sonntag half mir wieder Eva Sogl. Wir kriegten ihn 1x kurz runter, dann das gleiche wie am Samstag. Er stand auf 3 Beinen, schaute gelangweilt in die Gegend, holte sich höchstens beim Brustbein ein Leckerli, und ging dann gleich mit dem Kopf wieder hoch, ohne einen Millimeter Richtung Boden zu gehen. Wir probierten es mit einem Apfel, nichts half. Ich ging um Hafer, unser letztes Mittel. Als ich damit zurückkam, erzählte Eva, er hätte in der Zwischenzeit ohne Longe nur mit Gerte ein gutes Kompliment gemacht. Ich probierte es, touchierte das Röhrbein, stand dabei vor ihm, (nicht neben ihm wie zu Hause), er ging sofort runter. Ich probierte es noch einmal, er ging ins Kompliment und auch gleich ins knien. Ich freute mich sehr über mein kluges Pferd, obwohl ich etwas beunruhigt bin, weil ich glaube, daß es nicht wirklich korrekt und gesund ist, so wie es sein soll. Sie sollen ja langsam zu Boden und nicht ratsch-fatsch. Nach meiner Reitstunde fragte mich Eva, ob ich unter dem Sattel das Kompliment probieren möchte. Natürlich! Sie gab die Hilfe mit der Gerte und Marfim machte es. Dann probierte ich es alleine vom Sattel aus. Er ging gleich runter, streckte aber das Standbein nicht ganz durch. Dann rief ich noch eines ab. Ich weiß nicht wie gut oder schlecht sie waren. Die Qualität von Eva Wiemers auf keinen Fall. Ich weiß nicht, ob ich mich freuen, oder sorgenvoll sein soll, wegen der Gesundheit dieser Art der Komplimente. Aber natürlich freue ich mich doch. Es zeigte sich, wie klug Marfim ist, wie ihn die Beinlonge anödete, weil er ja schon längst begriffen hatte, was er sollte. Und es zeigte, wie wenig Leckerlis ihn interessieren, wie sehr er mir sagt und zeigt, wie gescheit er ist!
Im Nachhinein bekam ich von Eva Wiemers ein großes Lob, als ich ihr ein Foto im Kompliment zeigte, sie meinte es sei sehr korrekt.





 

Dienstag, 6. September 2011

Der Sumpf


Mai 2000

Ein wunderschöner Frühsommertag im Mai, gerade dazu geschaffen einen Ausritt zu machen, einen Ausritt mit Renate aus unserem Stall auf Sibelius und ich auf Pluto in die Au. Es sollte keine große Sache werden, wie die 2 Weiggerlsees zu umrunden, was doch an die 2 Stunden dauert. Sibelius ist ja mit seiner Lunge etwas angeschlagen – dämpfig – und darf sich nicht überanstrengen. So wollten wir eine gemütliche kleine Runde in der näheren Au drehen. Bei den großen Hochspannungsleitungen wußte ich von früher, daß da eine breitere Schneise gewesen war, die zwar ziemlich zugewachsen, aber doch noch gut bereitbar war. Da wollten wir hinein, auf die andere Seite der Au und die Runde nach Hause abschließen. Ich reite nämlich nicht gerne am selben Weg zurück, das ist mir zu langweilig, Runden finde ich viel interessanter. Wir ritten an der südlichen Auseite Richtung Weiggerlsee, genossen die Sonne, das Summen der Insekten, ein lauer Wind umspielte uns und die Pferde, die ebenfalls Gefallen am Ausritt hatten, und munter ausschritten. Pluto, der sonst kein Pferd in seiner unmittelbaren Umgebung von 10 Meter duldet mag Sibelius und erlaubt ihm relativ knapp hinter ihm herzugehen. Da kann man dann auch ein Tratscherl führen und wir genossen die Natur. Bei der Hochspannungsleitung bogen wir ein um auf die andere Seite der Au zu kommen. Das erste Stück ging wunderbar, und ich erzählte Renate, daß ich früher oft hier geritten wäre, aber seit etlichen Jahren nicht mehr, da ich lieber weitere Strecken reite. Das Gelände wurde zunehmend buschiger, der Weg enger, wir mußten uns oft bücken, um durchs Dickicht zu kommen. Eine kleine Senke lag vor uns mit Gras bewachsen, nichts deutete auf eine äußerst gefährliche Lage hin. Plötzlich merkte ich, daß der Boden weich und sumpfig  wurde und beim nächsten Schritt waren wir schon mittendrin. Pluto versank bis zu halben Röhre. Doch anstatt stehenzubleiben, wie das normalerweise Pferde tun, wenn Unvorhergesehenes kommt, wollte Pluto mit einem riesigen Satz dem Boden, der keiner mehr war, entkommen.  Er sprang aus der Schrittbewegung mit allen Vieren noch vorne, um damit aber vom Regen in die Traufe zu kommen. Er versank bis zum Bauch im Sumpf und jetzt gings so richtig los. Voller Panik begann er zu kämpften und schnellte sich unaufhörlich mit aller Kraft senkrecht in die Höhe, um ja gleich darauf wieder voll einzusinken. Ich kam mir vor wie auf einem Bronco beim Rodeo, und klammerte mich am Sattel fest, um ja nicht hinunter geschleudert zu werden. Davor hatte ich furchtbare Angst, denn dann wäre ich unter seine Hufe gekommen. Ich wußte, wenn das passiert, könnte alles aus sein, denn er würde sicher nicht auf mich Rücksicht nehmen, um mich nicht zu verletzen, dazu war er in dieser Situation nicht fähig, zu stark war er vom Überlebenstrieb besessen. Also versuchte ich so gut es ging seine Bewegungen zurück in Richtung Renate und festen rettenden Boden zu steuern. Renate blickte mit schreckgeweiteten Augen auf das Geschehen, sie war buchstäblich vom Schreck erstarrt und konnte nicht mal einen Mucks von sich geben. Pluto kämpfte unaufhörlich mit voller Energie und wir bewegten uns wirklich zentimeterweise vorwärts. Ich betete, daß es bald ausgestanden wäre, denn meine Kräfte waren zu Ende, ich konnte mich nicht mehr festklammern. Nur mit dem letzten Mut der Verzweiflung schaffte ich es noch nach ca. 20 Bocksprüngen oben zu bleiben. Ohne den portug. Sattel mit seinen hohen Galerien hätte ich keine Chance gehabt. Mit einem letzten gewaltigen Satz schaffte Pluto den rettenden festen Boden zu erreichen. Zitternd blieb er stehen, zitternd saß ich oben und lobte ihn mit zitternder Stimme und streichelte seinen Hals, mit unendlicher Dankbarkeit erfüllt, das ganze Horrorerlebnis gut überstanden zu haben. Meine Angst galt jetzt Pluto, ob er das soeben Erlebte ohne Schaden und Verletzungen überwunden habe. Nachträglich stellte sich heraus, daß sich Wirbel verschoben hatten, die der Osteopath wieder in ihre richtige Lage bringen mußte. Ganz still sind wir dann heimgeritten, wir sahen keine Sonne mehr, hörten keine summende Insekten und fühlten keinen lauen Wind. Pluto bis über den halben Rumpf mit Dreck und Lehm beschmiert erregte natürlich Aufsehen, als wir in der Reitanlage eintrafen. Ich erzählte unser überstandenes Abenteuer und Moni berichtete, daß sie 1 Woche vorher auch gerade an jener Stelle gelandet war. Ihre Stute blieb aber nach dem 1. Schritt stehen, und Moni konnte sich durch kurzes Rückwärtsrichten gleich wieder aus dieser Situation retten. Pluto mit seinem selbstbewußten dominanten Wesen reagierte leider total falsch in dieser Situation. Gott sei Dank ist es aber noch einmal gut und ohne große Schäden ausgegangen. Ich bin seitdem nie wieder diesen Weg geritten und warnte alle anderen davor, den Weg unten der Hochspannungsleitung zu nehmen.

 





Plutos klares, weises Auge - er weiß was er tut - ein starker selbstbewußter Hengst

 

 

 

 

Immer neugierig, immer präsent, immer die Lage unter Kontrolle. Auch im hohen Alter - ich bekam ihn mit 23 Jahren und er wurde 29 Jahre alt