Mittwoch, 30. November 2011

Schock total auf der Koppel!


Dienstag, 8. Juli 2008
Nach den langen Monaten der Rekonvaleszenz konnten wir kontinuierlich – Schritt für Schritt – wieder aufbauen. Teil davon und daß Du auch ein bißchen Freude hast kam das Grasen auf der Koppel dazu. Wochenlang nur an der Hand, dann an der Longe. Später frei aber mit meiner Anwesenheit. Seit ca. 3 Wochen wollte ich Dir vertrauen und ließ Dich auch schon mal eine halbe Stunde alleine, während ich im Stall alles vorbereitete. Es hatte eigentlich ganz gut funktioniert. Einmal fand ich zwar Spuren einer rasanten Eskapade und auch während meiner Anwesenheit hast Du eine plötzlich erscheinende Katze als Anlaß genommen ein paar Galoppsprünge einzulegen, aber gleich wieder gestoppt, wenn ich zur Ordnung rief.
Als ich Dich an diesem Dienstag von der Koppel holen wollte, wolltest Du noch nicht. Noch ein bißchen fressen hast Du gesagt. Na gut, willigte ich ein, hab noch ein wenig Unkraut ausgerissen. Nach einer weiteren halben Stunde wollte ich Dich wieder zum Heimgehen bewegen. Doch jetzt hast Du noch ums wälzen gebeten. „Nein, nicht, muß das sein, du wirst ganz schmutzig“ wollte ich Dich davon abbringen. Aber dann siegte doch mein Einsehen mit Deinen Bedürfnissen. Mit einem Seufzer sagte ich, „na dann wälz Dich halt noch“. Mit Genuß hast Du Dich am regennaßen Boden „eingesaut“, hatte es 1 Stunde vorher doch etwas geregnet, war aber warm dabei und so ließ ich Dich draußen.
Und dann hast Du Klartext mit mir gesprochen! Nach dem Wälzen bist Du aufgesprungen und hast so richtig losgelegt. Mit Vollgas auf einer kleinen Tour im Galopp, geradeaus, abwechselnd gebuckelt und Kopfstand gemacht, beide Hinterbeine flogen in den Himmel. Geradeaus Richtung Ausgang. Slidingstop vor den Stangen. Mir blieb fast mein Herz stehen. Ich schrie immer wieder und versuchte mit Ho, Ho-Rufen Dich zum Stillstand zu bewegen. Doch diesmal war Dein Verlangen Deine Energie rauszulassen größer, als Dein sonst immer 100 %iger Gehorsam. Wieder zurück im vollen Galopp an mir vorbei. Um die Ecke, alles was nicht gut für Dein Knie ist, schnelle Wendungen, Stops, Sprünge, ….. Ich dachte, jetzt ist´s aus, das letzte halbe Jahr für die Katz. Ich dachte nur, wenn Du jetzt wieder nur auf 3 Beinen stehst, ist alles aus. Als Du endlich stehengeblieben bist, wollte ich zu Dir, um die Führleine einzuhaken, aber Du hast anscheinend gemerkt, daß mein Entsetzen über Deinen Ausbruch, und meine totale Angst um Dich – und ich dadurch noch nicht realisiert hatte, daß Du ganz normal auf allen 4en gestanden bist – mir noch einmal die Kontrolle über Dich entzogen hast. Noch einmal flogen die Hinterhufe, noch einmal hast Du die Buckler in die Luft geschnalzt, noch einmal im vollen Galopp über die kleine Koppel in L-Form gerast, durch die Kurve, gepaart mit Vollbremsung und einen Rollback.
Als Du dann vor mir zum Stillstand gekommen bist, haben Deine Augen geblitzt, Du hast mich angesehen und ich hörte Dich fast sagen: Hast Du es endlich kapiert, daß es mir jetzt wieder gut geht, war das Beweis genug? Argwöhnisch beobachtete ich jeden Deiner Schritte, aber jeder war klar und bestimmt. Ich war sehr froh darüber, trotzdem schimpfte ich gehörig, daß Du mir so einen Schrecken eingejagt hast. Natürlich erzählte ich meinen beiden Tierärzten Martina Simmerer und Dr. Mahringer von diesem Erlebnis und fragte, ob am nächsten Tag noch eine Folge zu befürchten sein, was möglich, aber unwahrscheinlich war.
Du hast mit dieser Aktion wieder einmal mehr bewiesen, was für ein außergewöhnliches Pferd Du  bist. Daß es Zeit war, die übertriebene Vorsicht aufzuweichen, die Sorgen und das Bangen über die Zukunft sollten einem Wissen weichen, daß es weiter geht, weiter in der Reiterei mit Dir und weiter in unserer wunderbaren einzigartigen Verbindung. DANKE für diese Lektion Du mein wunderbarer Hengst!
Wenn die Beine fliegen, dann gehts Dir gut!

Samstag, 19. November 2011

Mein Star


Sonntag, 20. August 2007 
Das Friesengestüt auf der Nockalm in Kärnten buchten uns für ihren Barockpferdetag. Eine Veranstaltung, die bis über die Grenzen hinaus bekannt und beliebt ist. Wir hatten zwei Auftritte: Als 1. Programmpunkt stellten wir einzeln unsere Pferde im Wege einer Rassenpräsentation vor. Ich hatte mir zu Hause ungefähr vorbereitet, was ich reiten wollte. Im portugisieschen Outfit von mir und Marfim - ich hatte in einer 1stündigen Arbeit seine Mähne doppelt geflochten und Bänder in den portugiesischen Nationalfarben eingearbeitet. Nach dem Einreiten im span. Schritt mit Gruß wollte ich mit Schrittarbeit in allen 4 Seitengängen und Kurzkehrt beginnen. Ich kam ins Viereck, das von ca. dreitausend Menschen, die mehr auf- als nebeneinander standen und sassen, umsäumt war. Der span. Schritt zum Gruß, da waren wir uns noch einig, doch als ich mit der Schrittarbeit beginnen wollte, spürte ich, wie sich Marfim unter mir zusammenpackte, ein Energiebündel, und NEIN zur Schrittarbeit sagte. Selbständig trabte er an, ER wollte zeigen, was er, ein Lusitano und ehemaliges Stierkampfpferd  kann, ER wollte sich präsentieren und das von seiner besten Seite. Ich sagte, o.k., dann mach mal. Ich fragte alle Seitengänge ab, Schulterherein, Kruppeherein, Traversale, Renvers, Trabpirouetten, Halt, Rückwärtsrichten. Zur Galoppmusik bewegte sich Marfim mit voller Energie, Galopptraversalen liefen wie am Schnürchen, die fliegenden Wechsel sprang er steil bergauf. Dann fragte ich nach der Piaffe. Fast wie von selbst hoben sich seine Beine im diagonalen Takt, eine kleine Drehung meines Oberkörpers quittierte er mit einer halben Pirouette. Zu guter letzt, ich war überwältigt von seinen Aktivitäten, jetzt wollte ich es wissen. Die Passage, unsere große Herausforderung, wo ich noch immer nicht den richtigen Knopf fand – heute beantwortete er mein Verlangen. Wir schwebten durch das Viereck!! Ich hätte schreien können vor Glück! Im Abschlußkompliment genossen wir beide den Applaus. Was für ein Tag!
Am Ende der Vorführung kamen noch Conny und Susi zu mir - sie hatten Ihren Auftritt bereits absolviert -, um unser Trio fürs Pas de Trois vorzustellen, dabei verabschiedeten wir uns im gemeinsamen Galopp. Christine Kapitain, unsere mitgekommene Betreuerin, die sofort in den Stall nachkam, sagte nur, sie habe noch nie eine so schöne Piaffe von Marfim gesehen, auch die Passage hat ihr total gefallen. Ich war überwältigt und glücklich – MARFIM – DU bist mein STAR!!!!!

3000 Zuseher umsäumten das Viereck beim Barockpferdefest auf der Nockalm
Einritt im span. Schritt mit Gruß

Ganz stolz hob Marfim seine Beine
und im Galopp kam er wunderschön bergauf .....

..... auch in der Traversale
ach ja - so geht die Passage

ein stolzes Pferd und eine stolze Reiterin .....
..... dankten mit dem Kompliment dem Publikum

Sonntag, 13. November 2011

Der Beinahe-Absturz

Andalusien, im Juni 1989
Urlaubszeit - wie herrlich. Mit einer Freundin verbrachte ich einen 2wöchigen Reiturlaub in Andalusien in der Nähe von Fuengirola. Pferde, Sonne, Urlaubsfeeling. Auf der Hacienda Rancho La Paz, mitten in den Bergen, mit unzähligen Andalusiern, die da auch gezüchtet wurden, unternahmen wir in erster Linie Ausritte. Unglaublich in welchem Gelände wir uns da bewegten. Steine, Felsen, mal ein Feldweg, mal ein Stück Sandstrasse. Bei einem der ersten Ausritte war Klettern angesagt, die Pferde sollten was für ihre Kondition tun. So führte uns die Vorreiterin mitten in die Berge. Was wir zu diesem Zeitpunkt nicht wußten, unsere Führerin war erst 1 Woche beim Betrieb angestellt, also auch eine "Neue", die sich noch nicht wirklich im Gelände auskannte. Den besagten Weg, den wir reiten sollten, hatte sie erst 1x gesehen. Wir, ein kleines Grüppchen Urlaubsreiter, ritten also wohlgemut, voller Urlaubsfreude bei Sonnenschein und guter Laune los. Etliche Hügel wurden erklommen und dann gings einen größeren Berghang hinan. Aus irgendeinem Grund - warum weiß ich heute nicht mehr - ritt ich an der Spitze. Der Weg wand sich rund um den Berg, wurde schmäler, steiniger, wilder. Ein komisches Gefühl beschlich mich und ich fragte unsere Führerin, ob wir da richtig sind. Sie meinte ja, ja, da vorne wird es wieder breiter. So ritt ich vorsichtig weiter, links gings senkrecht den Berg hoch, rechts gings senkrecht den Berg hinunter, gut 100 m tief. Der Weg wurde zum Pfad, enger und schmäler, bis er gerade noch mein Pferd mit mir Platz hatte. Jetzt wurde es eng! Im wahrsten Sinne des Wortes. Es gab kein vorwärts mehr! Unsere Leiterin - Führerin möchte ich sie jetzt nicht mehr nennen - meinte, daß sie sich doch geirrt hätte und wir einen falschen Pfad genommen haben, der im NICHTS endet. Super!! Wir mußten umkehren! Nur wie? An der Stelle wo ich mich gerade befand war der Pfad wirklich nicht mal 1 m breit. Ich versuchte mein Pferd rückwärts zu richten. Doch saß ich leider nicht auf einem super durchlässigen Dressurpferd, mit dem ich die 20 Meter zu einer etwas breiteren Stelle geschafft hätte, nein mein Ausreitpferd hielt von der Idee blind nach hinten zu treten überhaupt nichts. So blieb mir nichts anderes übrig als umzudrehen. Ich überlegte, ob ich absteigen soll - Fehlanzeige - kein Platz dazu. Ich wußte der Platz war eigentlich viel zu eng zum umdrehen, aber ich mußte es riskieren. Ich überlegte kurz - Pferdekopf zum Abgrund (da könnte mein Reittier selber sehen wie eng es ist) oder Pferdekopf zur Wand (da müßte es mit der Hinterhand blind treten). Ich entschied mich Gott sei Dank für letzteres. Vorausschauend nahm ich auf alle Fälle meine Beine aus den Steigbügeln. Es kam wie es kommen mußte. Die Stelle war zu schmal!! Ich leitete die Wendung ein, aber als die Hinterbeine quer zum Weg fußen wollten, fanden sie keinen Halt mehr!! Sie rutschten ab und im Sattel gings bergab. Mein Pferd lag buchstäblich am Bauch am Boden. Glühendheiß überkam mich der Schreck und ich begann wie verrückt mit meinen Fersen auf die Seiten des Pferdes einzuhämmern. Als wenn mein Reitkamerad nicht selber der Lage bewußt gewesen wäre. Mein guter Vierbeiner kämpfte wie verrückt gegen den Absturz und versuchte pausenlos seine Hinterbeine wieder nach oben zu bringen, strampelte wie wild, bekam Boden, rutschte ab, versuchte weiter Halt am Boden zu finden. Mir kam es vor, als würden die Sekunden zu Minuten, ich hatte nur Panik - pure Panik und Überlebensangst. Ich dachte - jezt ist gleich unser Leben aus - Puff!! Aber irgendwie schaffte mein Pferd es nach vielen vergeblichen Versuchen dann doch noch Halt zu finden und wir landeten zitternd wieder mit allen 4 Hufen am besagten Weg, diesmal Richtung Rückweg schauend. Ich dankte allen meinen Schutzengeln, Gott und der Welt, daß wir diesen Akt überlebt hatten. Ein Blick in die Schlucht - tief und düster - dort wären wir beinahe gelandet. Leise und Kleinlaut ritten wir im Schritt nach Hause. Keine Unterhaltung, keine Scherze, kein fröhliches Lachen mehr. Beim Stall angekommen erzählten wir von unserem Abenteuer. Ich aber stieg noch immer zitternd von meinem Pferd und ging als erstes, nachdem ich meinen Kämpfer versorgt hatte, in die Bar. Jetzt brauchte ich erst mal einen "Doppelten". Aus dem Doppelten wurden ein paar mehr und obwohl ich normalerweise keinen Schnaps trinke - in dieser Situation war es das Beste um mich wieder auf den Boden der Wirklichkeit zurück zu holen. Eines habe ich auf alle Fälle gelernt. Ich werde nie wieder im Ausland unter Führung einer "Frischgefangten" einen Ausritt in die Berge machen.

Auch in den Bergen, diesmal auf einem sicheren Weg

Montag, 7. November 2011

Vollendete Harmonie beim Pas de Trois auf der Rennbahn in Baden


Donnerstag, 26.Juli 2007
Nach der Welser Pferdemesse hatten wir  in Baden bei Wien nach 2monatiger Pause unseren nächsten Auftritt. Das tolle Ambiente der Rennbahn, noch dazu bei Flutlicht, 3000 Zuschauer. Wir alle wollten eine gute Leistung bringen. Ich bestand darauf, daß wir wenigstens ein bißchen abreiten, Platz dazu war nur auf der Parkplatzstraße, die Gott sei Dank nicht asphaltiert, sondern sandig war. Ich versuchte Dich - mein wunderbarer Hengst - geradezurichten, ein bißchen Schulterherein, ein bißchen Kruppeherein, ein bißchen Traversale von einer Straßenseite zur anderen. Da spürte ich, wie Du meine Signale annahmst, der Rücken kam hoch, Du wurdest kurz und rund. Als wir dann auf der Zielgeraden der Rennbahn zur Ziellinie und damit dem Showplatz ritten, waren unsere Nerven sehr angespannt. Unsere Musik erklang, und los gings. Wie auf einer Kugel saß ich auf Dir, jede noch so kleine Hilfe hast Du sofort angenommen, kein einziges Mal weggedrückt, ich mußte nie korrigierend die Kandare einsetzen. Wie ein Passagier saß ich mit einem Lächeln auf Deinem Rücken und zog die Fäden, und Du tanztest unter mir. Schulterherein, Kruppeherein, Traversalen, Renvers, Pirouetten, Galoppwechsel, alles lief wie am Schnürchen. Noch nie bisher gabst Du mir ein so konstantes, herrliches Gefühl auf Dir, noch nie liefst Du wie von alleine, noch nie durfte ich 10 Minuten lang erfühlen, was Einssein ist - und das bei einer Show. Die Verabschiedung des Publikums im Galopp auf der Mittellinie, und da gingen sogar die Serienwechsel, die ja eigentlich noch gar nicht zu unserem Repertoire zählen. Der Applaus der zahllosen Menschen am Rande der Rennbahn begleitete uns noch eine lange Strecke. Ich schwebte im 7. Himmel – das ist Feinheit, Leichtigkeit und Losgelassenheit, die wir ja als unser großes Ziel verfolgen. Jetzt weiß ich was Sucht ist. Süchtig zu sein nach dieser Harmonie, die mit Worten nur unzulänglich zu beschreiben ist, die, wenn man sie fühlen darf, das größte Geschenk ist, daß ein Pferd einem machen kann. ICH LIEBE DICH – MARFIM! Du bist ein Wahnsinnspferd! Danke für diese wunderbare Erfahrung.

Die Rennbahn bei Nacht mit Vollmond bietet ein wunderbares Ambiente


2 Hengste nebeneinander und ein Wallach in der Diagonalen
Das Karusell - Hinterteil an Hinterteil und Drehung im Kreis

Renvers auf der Viertellinie