Donnerstag, 8. Dezember 2011

Resümee unserer Studienreise für Pferdefreunde zu den LUSITANOS nach Portugal

24. – 30. Mai 09
Jedesmal wenn ich in Lissabon aus dem Flugzeug steige, muß ich innehalten. Ein Gefühl des „Nach Hause Kommens“ überkommt mich. Ja, ich fühle mich in Portugal wie zu Hause. Die Luft, das Licht, die Energie umschmeichelt meinen Körper, meine Seele. Ich freue mich auf meine portugiesischen Freunde, die 2- und 4beinigen, auf das Wetter, die Landschaft, das Essen und den Wein.

Am 24. Mai 09 war es wieder einmal soweit. Gemeinsam mit Ramona Dünisch, der bekannten deutschen Pferdefotografin, Martin Haller, der mehrere hippologische Bücher geschrieben hat, Eva Berger und Manfred Moucka, die Pferdeliebhaber und ich, Christine Steiner, infiziert mit dem Lusitanovirus,  flogen wir ins 2800 km entfernte Lissabon. Diesmal wartete ein besonderes Erlebnis auf uns. Helga Auerbach, eine großartige Pferdefrau wollte uns die Säulen der Lusitanozucht, und noch so manches mehr, näher bringen. Begleiten Sie uns nun bei dieser schönen Reise.

Helga erwartete uns bereits am Flughafen. Nachdem wir unser Mietauto abgeholt hatten, konnte das Abenteuer Portugal beginnen. Über die 17 km lange Brücke Ponte Vasco da Gama, fuhren wir ans andere Ufer des Tejo und anschließend durch das landschaftlich schöne Gebiet des Ribatejo. Auf der Quinta des Lusitanozüchters Paulo Fernandes in Escaroupim bezogen wir in den von Helga liebevoll ausgestatteten Appartements Quartier. Sie überraschte uns mit einer portugiesischen Jause und natürlich den dazupassendem Wein.


Die Gästeapartements
Die kleine Reithalle
Am nächsten Morgen nach einem guten Frühstück zeigte uns Helga bei einem Rundgang die Quinta mit den Pferden.

Die Herde der 2jährigen Hengste

Der Swimmingpool

Der Reitplatz




Am Weg zum Stall
Blühender Mohn wohin man schaut
Gegen 11 Uhr ging es los. Ziel des ersten Tages war das Gestüt Alter Real.
Nach einer kurzen Rast an einem Stause


und Besuch einer Pastelleria in Ponte de Sor, wo wir einen kleinen Imbiß nahmen, erreichten wir Alter. Dieser Ort gab den nur als Braune gezüchteten Pferde ihren Namen. Vor Jahren fast ausgestorben hat sich die Zucht wieder erholt und das Gestüt von Alter versorgt die portugie-sische Hofreitschule mit Pferden.
Der riesige Komplex umfaßt viele beeindruckene in weiß und schönbrunngelb gehaltene Gebäude, und schmiedeeiserne Gitter vermitteln ein besonderes Ambiente.
 
                                                                        Foto: Martin Haller
Alter Real Hengst













Wir bekamen eine fast private Führung und, um unsere Fotoambitionen zu befriedigen, wurde uns ein schöner brauner Hengst im Innenhof präsentiert. 










Aber in Alter gibt es nicht nur Pferde, sondern auch Greifvögel wie Falken, Uhus und Adler, die auch zur Jagd zu Pferde verwendet werden. 


Ein angeschlossenes Museum verfügt über eine riesige Sammlung u.a. von Sättel aus vielen Ländern der Welt, Rüstungen für Reiter und Pferd, Gebisse, Sporen, Steigbügel und Waffen. Auch eine kleine Kutschensammlung gehört dazu.






                                                                                                                                                                                  








Ganz in der Nähe von Alter sahen wir ein paar der schon sehr seltenen Sorreias, den ursprünglichen Wildpferden Portugals. Auch eine Eselfamilie, die  Martin besonders begeisterte. 


Sorreias

                                     Foto: Martin Haller


Auf der Heimfahrt besuchten wir in Corouche einen alten Mann, der ein privates Stierkampfmuseum in einer Garage betreibt. Mit unzähligen oft ganz alten Bildern und verschiedenen Exponaten aus dem Stierkampf fühlt man sich mit dieser ungewohnte Kultur verbunden. 

Das Stierkampfmuseum

Den Abend ließen wir bei einem wunderbaren Spezialitätenessen mit Fisch-,  Meeresfrüchte und Fleisch vom schwarzen Schwein in einem Restaurant direkt am Tejo-Fluß ausklingen.

Der nächste Tag führte uns nach Cartaxo zur Quinta von Joao Lynce. Der ehemalige Europameister in Working Equitation, (eine umfangreiche Reitdisziplin, die Dressur, Trial- und Rinderarbeit beinhaltet), betreibt hier eine qualitativ sehr hochwertige Zucht und eine eigene Reitschule auf höchstem Niveau. Auf verschiedenen, riesigen Weiden, die auch bewässert werden können, sodaß die Pferde das ganze Jahr genügend Gras zum Fressen haben, tummeln sich die Stuten mit den Fohlen. Helga brachte Bewegung in die Herde und bugsierte die galoppierenden Pferde vor unsere Kameras, bis unsere Fotofinger zu glühen begannen.

Stutenherde mit Fohlen bei Joao Lynce
Mit Karacho in die Kurve

Wettrennen
Anschließend bot uns Joao und seine Bereiter in portugiesischer Reittracht ein Reitprogramm vom feinsten. Wir saßen auf der mit Glasfenstern abgeschlossenen Tribüne bei einem kühlen Getränk und bewunderten die Arbeit mit den Pferden, vom Freilaufen eines Joungsters, über Handarbeit in allen 3 Gangarten, Piaffe zwischen den Pilaren, 

Piaffe zwischen den Pilaren                Foto: Martin Haller
                                  
dressurmäßige Arbeit, bis einhändig geritten, alle Gänge und Touren der hohen Schule inkl. 1er Wechsel, Piaffe und Passage.Vor der Reithalle imponierte uns eine Studentin auf einem kleinen braunen Hengst mit Schulen über der Erde wie Pesaden und Kapriolen und auch Kompliment.

Pesade

Der weitere Weg führte uns zum Freiplatz oberhalb der Halle, wo uns bereits der amtierende Europameister in Working Equitation erwartete. Er absolvierte den Trialparcours erst im normalen und dann im Speedtempo. Da flogen die Hufe und es ging so richtig die Post ab.

                                        Foto: Martin Haller

                                                                           Foto: Martin Haller

 





             






                                                                                                        

                                                                                                                              
                                                                                                                        


Leider waren wir in Zeitdruck  und so mußten wir uns schnell verabschieden, um nach Golega, der Pferdehauptstadt Portugals zu fahren, wo das bestellte Mittagessen auf uns wartete. Nach einem Rundgang durch die Pferdemetropole und Besichtigung der Ställe und Hallen fielen wir natürlich auch ins Reitsportgeschäft ein, wo wir für portugiesische Pferdesachen einige Euros loswurden.
 
Golega
Der gedrängte Zeitplan ließ uns rasch weiterfahren. In Salvaterra wartete bereits Ana Batista, eine weibliche Stierkämpferin und ihr Mann Orlando, ein Reiter der es versteht, die Pferde speziell auf Stierkampf auszubilden, auf uns. Mit feiner Hand trainiert er die Pferde und mit Hilfe einer gemütlichen Kuh gewöhnt er die jungen Pferde an ihre zukünftige Aufgabe. Als Highlight zeigte uns Ana mit einem ausgebildeten Pferd alle Manöver und rasanten Wendungen des Stierkampfes, den Stier mimte eine fahrbare Attrappe, die von einem jungen Mann bewegt wurde.
Orlando und .....







..... Ana Batista - Stierkämpferin
                    
Danach ließen wir bei einem Drink an einem Stausee    
in der Nähe die Eindrücke des Tages Revue passieren.
Da wir noch alle satt vom Mittagessen waren, besorgten wir uns im nächsten Supermarkt Käse und Oliven und verbrachten einen gemütlichen Abend auf der Quinta.
Ein neuer Tag und wieder strahlender Sonnenschein erwartete uns. Etwas früher als sonst brachen wir Richtung Torres Vedras auf. Ein weiteres Fundament der Lusitanozucht, die Andradelinie wartete heute auf uns. Herzlich wurden wir von Antonio Andrade begrüßt, da Helga eine gute Freundin der Familie ist. Bereiter Antonio (der Name ist sehr häufig in Portugal), ein Pferdemann der alten Schule ist der gute Geist im Stall, hatte alle Hände voll zu tun. Auch hier gingen wir zu den Stuten hinaus. Um zu besonders schönen Fotos zu kommen, wollte er uns die Herde auf eine gelb-blaue Blumenwiese treiben. Doch die Stuten büxten aus und verschwanden über einen Hügel in der anderen Richtung. Mühevoll wurden sie mit Hilfe von uns wieder zurückgeholt, dabei entstanden super dynamische Fotos, als sie bergab an uns vorbeidonnerten.  
Die ausgebrochene Herde
Endlich Endlich auf der richtigen Weide bekamen wir die tollsten Motive vor die Kamera. Antonio hat keine Mühen und Laufstrecken gescheut, um uns die Pferde optimal präsentieren zu können. Bei den Junghengsten ging es dann ruhiger zu. Neugierig wagten sie sich nach und nach zu uns, um uns und unsere Taschen zu untersuchen.
        
Andrades Stutenherde
kurze Rast
Antonio Andrade - der stolze Besitzer
                      
Zum Abschluß präsentierte uns der stolze Antonio „seine“ Jungs. Die 4 Deckhengste des Gestütes stellte er uns, einzeln an der Hand, in allen Gangarten vor.  
Stallmeister Antonio bei der Hengstpräsentation
Als erster einer junger heller Fuchs, der sich an der Hand wie im Dressurviereck präsentiert, dann Pifao, der dunkle Fuchs, der nicht nur in der Box perfekt piaffiert, sondern auch draußen, steigt auf Kommando und überrascht uns mit eine wunderschön gesetzten Pesade. 
Pifao in der Pesade
Snob, ein Apfelschimmel mit mächtiger breiter Brust und wuchtigem Hals mit langer, schwarzer Mähne, überzeugt durch sein Bewegungspotential. Ulo, der Jüngste eifert den anderen nach, auch er ist ein herrlicher Hengst mit einem ganz tollen lieben Charakter.   
Snob im Trab an der Longe
Ulo der Sanfte
Mit einzigartigen Fotos bestückt verabschiedeten wir uns von den Pferden der Andrades, um in einem nahen Dorf ein deftiges Mittagessen (Bacalhau = Stockfisch, mit tomaten und Käse überbacken) gemeinsam mit den beiden Antonios zu geniessen.
Zurück bei Paulos Quinta sollte noch ein weiteres einzigartiges Erlebnis  auf uns warten.
Casimiro, die rechte Hand von Paulo hatte einen Fadoabend auf der Farm organisiert. Im Freien, die rote untergehende Sonne am Horizont zwischen den Bäumen, schmeckten uns die Riesengarnelen mit Meersalz, Knoblauchbrot und Bacalhau, besonders gut, der Wein rundete alles ab. Noch heute gustert es mich, wenn ich daran denke.    
Meeresfrüchte
Zu späterer Stunde stimmten die Gitarren der Fadospieler uns auf die melancholischen Lieder ein. Ein Sänger und anschließend eine Sängerin brachten den Fado mit solch einer Intensität und Qualität, wie sie nur ganz selten zu hören sind. Es war ein Erlebnis der besonderen Art und ich werde diese raschen Tonfolgen mit den klaren Stimmen nie vergessen. Wir waren alle so begeistert.    
Die Fadogruppe
Begeisterung beim Fadoabend
                      
Nach einer kurzen Nacht brach schon der letzte Tag unserer Studienreise an.
Paulo Fernandes mit Fohlen
Die Stutenherde von Paulo, die einige Kilometer entfernt in Farjada auf einem 100 ha Areal untergebracht sind, war heute unser Ziel. Wir beobachteten die Fohlen, versuchten als Freunde uns anzunähern und waren total glücklich, wenn sich so ein kleiner Wicht anfassen ließ.   
Ein kräftiger fuchsfarbener Deckhengst lief mit den Stuten mit, um sie auf natürlichem
Wege zu beglücken.   
Stutenherde auf Farjada
Der Deckhengst lebt inmitten seines Harems
                                                                                                
Zur Mittagszeit, wie auf Kommando legten sich binnen ein paar Minuten alle Fohlen zum Schlafen nieder. Die Stuten wachten daneben, damit ihrem Nachwuchs nichts passiert.
Mittagsschläfchen
Nun machten wir uns wieder auf den Weg. Der Besuch auf einem Weingut sollte uns diese wichtige Lebensader Portugals näher bringen. Portugiesische Weine sind leider bei uns nicht so bekannt, schade, denn die Qualität ist spitzenmäßig. Wir sahen alle Produktionsstätten auch das Labor, alte riesige Holzfässer, die heute nur mehr der Dekoration dienen, neue noch größere Stahltanks, in denen der kostbare Saft gelagert wird.  
Pompöse Gebäude des Weingutes
Gestern in Holzfässern und .....
                                    
....heute in Stahlfässern
Uns wurde die automatische Abfüllanlage erklärt und danach staunten wir über die  riesigen Dimensionen der Auslieferungsstätte, hier lagern 6 Millionen Flaschen. Natürlich durfte eine Verkostung nicht fehlen. In dem mit zahlreichen Azulejos – Bilder des portugiesischen Alltags auf blau bemalten Kacheln - ausgestatteten ehemaligen Kuhstalles, durften wir einige Weine probieren, die uns natürlich ausgezeichnet mundeten.    
Der Verkaufsraum mit .....
.....herrlichen Azulejos
                        
Mit je einer Weinflasche als Geschenk des Hauses versehen, und noch so manchem Mitbringsel, traten wir unsere Heimfahrt an. Zahlreiche Storchennester, die auf wirklich jedem Strommasten und jedem Hausdach nisten, begleiten uns dabei.
Ein gemütlicher letzter Abend, bei dem wir die Eindrücke der vergangenen Tage besprachen, beendete den Tag.
Die Zeit verflog nur so, die Eindrücke waren zahlreich und vielfältig, sodaß der Tag des Abschieds viel zu schnell herankam. Da unser Flug erst am späten Nachmittag ging, wollten wir die Stunden dahin für einen Kurzbesuch ans Meer nutzen. Leider fanden wir nicht den schnellsten Weg, und so blieb es nur bei einem Abstecher – sprich einen Kaffee – den wir mit herrlicher Aussicht auf den Atlantik und den Sandstrand genießen konnten.
Atlantikstrand
Dann mahnte die Uhr und wir mußten zum Flughafen aufbrechen. Gerade noch rechtzeitig zum Abgabetermin des Mietautos trafen wir ein.
Im Flugzeug ließen wir die Eindrücke noch einmal Revue passieren. Die herrliche Landschaft mit Olivenhaine, Pinien- und Korkeichenwälder, natürlich nicht zu vergessen die Palmen, Reisfelder, Weingärten, duftende Pflanzen wie Wildrosen, Orangen- und Granatapfelbäume, Ginster, Lavendel, Thymian und Rosmarin, die Flußgebiete und das weitläufige Schwemmland des Tejo, die schmalen Brücken die ihn überqueren, die riesigen Kuhherden, die kleinen Eselgruppen, die zahllosen Storchennester, das mediterrane Essen, das süße reife Obst, der süffige Chardonnay und der süße Portwein, die herzliche Gastfreundschaft der Portugiesen, die einzigartige Fadomusik, die Sonne und den Wind, und nicht zuletzt die Herden der herrlichen Lusitanos.  
                                                                                                                                                                            
 
         
                      
Zum Abschluß möchte ich noch einen Dank an Helga richten, die uns mit unermüdlichen Erklärungen und Erzählungen über Land und Leute, Geschichte und Pferde, die portugiesische Kultur und die Pferde näher brachte.

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