Mittwoch, 31. August 2011

Der Koppelausbruch


Sommer 2000

Ein schöner Sommertag neigt sich dem Ende. Nach der Reitstunde mit Pluto geht´s noch auf die Koppel – wie jeden schönen Abend im Sommer.  Er wartet drauf, er fordert es! Ist er ansonsten nach der Arbeit zufrieden und gelassen, steht ruhig auf der Stallgasse und wartet bis er in die Box entlassen wird, so weiß er in den Sommermonaten genau, daß Koppelzeit angesagt ist. Ungeduldig scharrt er auf der Stallgasse und kann es kaum erwarten auf die Koppel hinausgeführt zu werden. Dabei ist es ihm sehr wichtig daß Pferdegesellschaft in der Nachbarkoppel ist und er nicht alleine draußen bleiben muß. Suchend läuft er dann den Zaun entlang und anstatt sich relaxed dem Gras zu widmen pusht er sich immer mehr auf beim Ausschauhalten nach Seinesgleichen.

An jenem schönen Abend ging ich zurück zum Stall um die Pferdebox auszumisten und sein Bett für die Nacht herzurichten. Derweilen hielten sich die Stute von Christl Kapitain, Lochners Sanyo, Noris von Herrn Leitenberger in unmittelbarer Umgebung und noch das eine oder andere Pferd auf entfernteren Koppeln auf. Bei verschiedenen Tätigkeiten verging die Zeit wie im Flug, die Sonne war bereits untergegangen, und ich wußte, ich muß Pluto holen, da die anderen sicher schon nach Hause wollen. Am Weg zur Koppel kamen sie mir schon entgegen. Jetzt wußte ich, ich muß schleunigst zu meinem Pferd. Von der Weite sah ich ihn schon am Ausgang stehen, den anderen Pferden nachblickend und den Zaun entlanglaufend. Endlich war ich bei ihm.  Ich entfernte die untere Stange, daß ich dann mit ihm an der Hand den Ausgang schneller öffnen konnte, ging zu ihm hinein und wollte ihn an die Führleine nehmen, doch Pluto dachte gar nicht daran ruhig stehen zu bleiben und sich die Kette durchziehen und einhaken zu lassen. Er trabte herum und ich mußte aufpassen, von ihm nicht niedergerannt zu werden.  Ich scheuchte ihn vom Ausgang weg und wollte ihn dann zu mir locken.  In der Mitte der Koppel stehend rief ich ihn und er lief auf mich zu. Meine ausgestreckte Hand ignorierte er aber, rannte zum Ausgang, nahm den Kopf ganz tief und ......

Die obere Koppelstange hob er aus, sie knallte ihm auf die Krupp, doch das war ihm gleich.  Im Galopp rannte er den anderen Pferden nach, die gerade über der Straße verschwanden. Ich glaubte jetzt hat mich der Blitz getroffen. Als sich meine Beine wie von selbst in Bewegung setzten und ich aus vollen Kräften nur schrie: der Hengst ist los!!!!! Irre Bilder durchzuckten mein Gehirn vom Hengst der die Stute (Donauperle von Christl Kapitain) bespringt bzw. vom empörten Abschlagen und Ausfeuern auf meinen Pluto. Auch von Leuten die in die Linie der kämpfenden Pferde geraten und, und, und......

Sein rasender Heimweg führte ihn an Noris Koppel vorbei und aus dem Augenwinkel hatte er wohl den Fuchswallach stehen gesehen, der noch nicht geholt worden war. Denn kurz darauf, einen zu verarbeitenden Gedanken lang, am Ende der Koppeln, da wo die Straße kreuzt, schliff mein Pferd plötzlich ein, blieb stehen, schaute zurück, drehte um und galoppierte, an mir vorbei, zurück zu Noris. Ich bin sofort stehen geblieben, um ihn nicht wieder in die Gegenrichtung zu treiben, rief ihn mit lobender Stimme die schönsten Dinge zu. Inzwischen hatte er Noris´ Koppel erreicht und blieb wie angewurzelt daneben stehen. Ganz langsam näherte ich mich mit einem Zuckerstück auf ausgestreckter Hand, das ich in aller Eile aus meiner Hosentasche geholt hatte. Schuldbewußt und ruhig blickte mir Pluto entgegen und ich hoffte nur inbrünstig, daß er sich ans Halfter fassen läßt. Wie eine Statue stand er da, mit hoch erhobenen Kopf, den er dann senkte um mein Zuckerstück behutsam entgegezunehmen. In Windeseile hatte ich die Führleine festgehakt und erst jetzt merkte ich meinen rasenden Herzschlag, der nicht nur aufs Laufen zurückzuführen war. Mit zitternden Knien führt ich ihn zum Stall, und er ging lammfromm, als wenn nie irgend etwas geschehen wäre, neben mir her. Ich dankte allen Schutzengeln und natürlich dem lieben Gott, daß alle den Vorfall unbeschadet überstanden hatten. Nicht auszudenken, was alles passieren hätte können. Natürlich sorgte diese Aktion noch länger für Gesprächsstoff. Christl Kapitain erzählte, daß sie mich schreien hörte, irgendwas mit Hengst, und rannte so schnell sie konnte mit ihrer Stute in den Stall, und weiter in die rettende Box, die Türe hinter sich zuwerfend. Ich aber war um eine Erfahrung reicher. Meinen guten alten Herrn darf ich nicht die kleinste Chance bieten sich selbständig zu machen. Die untere Koppelstange bleibt seitdem immer geschlossen, wenn ich auf die Koppel gehe, um ihn zu holen.

 

                                Auf der Koppel ist es am schönsten, ob im Winter oder

 

auch im Sommer, da freut sich das Pferdeherz!


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