Dienstag, 6. September 2011

Der Sumpf


Mai 2000

Ein wunderschöner Frühsommertag im Mai, gerade dazu geschaffen einen Ausritt zu machen, einen Ausritt mit Renate aus unserem Stall auf Sibelius und ich auf Pluto in die Au. Es sollte keine große Sache werden, wie die 2 Weiggerlsees zu umrunden, was doch an die 2 Stunden dauert. Sibelius ist ja mit seiner Lunge etwas angeschlagen – dämpfig – und darf sich nicht überanstrengen. So wollten wir eine gemütliche kleine Runde in der näheren Au drehen. Bei den großen Hochspannungsleitungen wußte ich von früher, daß da eine breitere Schneise gewesen war, die zwar ziemlich zugewachsen, aber doch noch gut bereitbar war. Da wollten wir hinein, auf die andere Seite der Au und die Runde nach Hause abschließen. Ich reite nämlich nicht gerne am selben Weg zurück, das ist mir zu langweilig, Runden finde ich viel interessanter. Wir ritten an der südlichen Auseite Richtung Weiggerlsee, genossen die Sonne, das Summen der Insekten, ein lauer Wind umspielte uns und die Pferde, die ebenfalls Gefallen am Ausritt hatten, und munter ausschritten. Pluto, der sonst kein Pferd in seiner unmittelbaren Umgebung von 10 Meter duldet mag Sibelius und erlaubt ihm relativ knapp hinter ihm herzugehen. Da kann man dann auch ein Tratscherl führen und wir genossen die Natur. Bei der Hochspannungsleitung bogen wir ein um auf die andere Seite der Au zu kommen. Das erste Stück ging wunderbar, und ich erzählte Renate, daß ich früher oft hier geritten wäre, aber seit etlichen Jahren nicht mehr, da ich lieber weitere Strecken reite. Das Gelände wurde zunehmend buschiger, der Weg enger, wir mußten uns oft bücken, um durchs Dickicht zu kommen. Eine kleine Senke lag vor uns mit Gras bewachsen, nichts deutete auf eine äußerst gefährliche Lage hin. Plötzlich merkte ich, daß der Boden weich und sumpfig  wurde und beim nächsten Schritt waren wir schon mittendrin. Pluto versank bis zu halben Röhre. Doch anstatt stehenzubleiben, wie das normalerweise Pferde tun, wenn Unvorhergesehenes kommt, wollte Pluto mit einem riesigen Satz dem Boden, der keiner mehr war, entkommen.  Er sprang aus der Schrittbewegung mit allen Vieren noch vorne, um damit aber vom Regen in die Traufe zu kommen. Er versank bis zum Bauch im Sumpf und jetzt gings so richtig los. Voller Panik begann er zu kämpften und schnellte sich unaufhörlich mit aller Kraft senkrecht in die Höhe, um ja gleich darauf wieder voll einzusinken. Ich kam mir vor wie auf einem Bronco beim Rodeo, und klammerte mich am Sattel fest, um ja nicht hinunter geschleudert zu werden. Davor hatte ich furchtbare Angst, denn dann wäre ich unter seine Hufe gekommen. Ich wußte, wenn das passiert, könnte alles aus sein, denn er würde sicher nicht auf mich Rücksicht nehmen, um mich nicht zu verletzen, dazu war er in dieser Situation nicht fähig, zu stark war er vom Überlebenstrieb besessen. Also versuchte ich so gut es ging seine Bewegungen zurück in Richtung Renate und festen rettenden Boden zu steuern. Renate blickte mit schreckgeweiteten Augen auf das Geschehen, sie war buchstäblich vom Schreck erstarrt und konnte nicht mal einen Mucks von sich geben. Pluto kämpfte unaufhörlich mit voller Energie und wir bewegten uns wirklich zentimeterweise vorwärts. Ich betete, daß es bald ausgestanden wäre, denn meine Kräfte waren zu Ende, ich konnte mich nicht mehr festklammern. Nur mit dem letzten Mut der Verzweiflung schaffte ich es noch nach ca. 20 Bocksprüngen oben zu bleiben. Ohne den portug. Sattel mit seinen hohen Galerien hätte ich keine Chance gehabt. Mit einem letzten gewaltigen Satz schaffte Pluto den rettenden festen Boden zu erreichen. Zitternd blieb er stehen, zitternd saß ich oben und lobte ihn mit zitternder Stimme und streichelte seinen Hals, mit unendlicher Dankbarkeit erfüllt, das ganze Horrorerlebnis gut überstanden zu haben. Meine Angst galt jetzt Pluto, ob er das soeben Erlebte ohne Schaden und Verletzungen überwunden habe. Nachträglich stellte sich heraus, daß sich Wirbel verschoben hatten, die der Osteopath wieder in ihre richtige Lage bringen mußte. Ganz still sind wir dann heimgeritten, wir sahen keine Sonne mehr, hörten keine summende Insekten und fühlten keinen lauen Wind. Pluto bis über den halben Rumpf mit Dreck und Lehm beschmiert erregte natürlich Aufsehen, als wir in der Reitanlage eintrafen. Ich erzählte unser überstandenes Abenteuer und Moni berichtete, daß sie 1 Woche vorher auch gerade an jener Stelle gelandet war. Ihre Stute blieb aber nach dem 1. Schritt stehen, und Moni konnte sich durch kurzes Rückwärtsrichten gleich wieder aus dieser Situation retten. Pluto mit seinem selbstbewußten dominanten Wesen reagierte leider total falsch in dieser Situation. Gott sei Dank ist es aber noch einmal gut und ohne große Schäden ausgegangen. Ich bin seitdem nie wieder diesen Weg geritten und warnte alle anderen davor, den Weg unten der Hochspannungsleitung zu nehmen.

 





Plutos klares, weises Auge - er weiß was er tut - ein starker selbstbewußter Hengst

 

 

 

 

Immer neugierig, immer präsent, immer die Lage unter Kontrolle. Auch im hohen Alter - ich bekam ihn mit 23 Jahren und er wurde 29 Jahre alt

 

 

1 Kommentar:

  1. Da habe ich immer Glück gehabt mit meinen Pferden, sogar mein Vollblüter Speedfire, blieb vor jedem Sumpf wie angewachsen stehen, wenn ich ihn weitertreiben wollte stieg er. Bei einem Ausritt mit Wolf Heinz, kam einmal das Kommentar, - was kaufst da denn ah so an spinnaden Fuchs, lass mich vor, - und blub, blub, war der Heinz samt Pferd im 30cm tiefen Wasser des Weikerlsees verschwunden, - im Oktober, schön frisch, - ich saß Tränen lachend auf meinem spinnerten Fuchsen!

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