Sonntag, 13. November 2011

Der Beinahe-Absturz

Andalusien, im Juni 1989
Urlaubszeit - wie herrlich. Mit einer Freundin verbrachte ich einen 2wöchigen Reiturlaub in Andalusien in der Nähe von Fuengirola. Pferde, Sonne, Urlaubsfeeling. Auf der Hacienda Rancho La Paz, mitten in den Bergen, mit unzähligen Andalusiern, die da auch gezüchtet wurden, unternahmen wir in erster Linie Ausritte. Unglaublich in welchem Gelände wir uns da bewegten. Steine, Felsen, mal ein Feldweg, mal ein Stück Sandstrasse. Bei einem der ersten Ausritte war Klettern angesagt, die Pferde sollten was für ihre Kondition tun. So führte uns die Vorreiterin mitten in die Berge. Was wir zu diesem Zeitpunkt nicht wußten, unsere Führerin war erst 1 Woche beim Betrieb angestellt, also auch eine "Neue", die sich noch nicht wirklich im Gelände auskannte. Den besagten Weg, den wir reiten sollten, hatte sie erst 1x gesehen. Wir, ein kleines Grüppchen Urlaubsreiter, ritten also wohlgemut, voller Urlaubsfreude bei Sonnenschein und guter Laune los. Etliche Hügel wurden erklommen und dann gings einen größeren Berghang hinan. Aus irgendeinem Grund - warum weiß ich heute nicht mehr - ritt ich an der Spitze. Der Weg wand sich rund um den Berg, wurde schmäler, steiniger, wilder. Ein komisches Gefühl beschlich mich und ich fragte unsere Führerin, ob wir da richtig sind. Sie meinte ja, ja, da vorne wird es wieder breiter. So ritt ich vorsichtig weiter, links gings senkrecht den Berg hoch, rechts gings senkrecht den Berg hinunter, gut 100 m tief. Der Weg wurde zum Pfad, enger und schmäler, bis er gerade noch mein Pferd mit mir Platz hatte. Jetzt wurde es eng! Im wahrsten Sinne des Wortes. Es gab kein vorwärts mehr! Unsere Leiterin - Führerin möchte ich sie jetzt nicht mehr nennen - meinte, daß sie sich doch geirrt hätte und wir einen falschen Pfad genommen haben, der im NICHTS endet. Super!! Wir mußten umkehren! Nur wie? An der Stelle wo ich mich gerade befand war der Pfad wirklich nicht mal 1 m breit. Ich versuchte mein Pferd rückwärts zu richten. Doch saß ich leider nicht auf einem super durchlässigen Dressurpferd, mit dem ich die 20 Meter zu einer etwas breiteren Stelle geschafft hätte, nein mein Ausreitpferd hielt von der Idee blind nach hinten zu treten überhaupt nichts. So blieb mir nichts anderes übrig als umzudrehen. Ich überlegte, ob ich absteigen soll - Fehlanzeige - kein Platz dazu. Ich wußte der Platz war eigentlich viel zu eng zum umdrehen, aber ich mußte es riskieren. Ich überlegte kurz - Pferdekopf zum Abgrund (da könnte mein Reittier selber sehen wie eng es ist) oder Pferdekopf zur Wand (da müßte es mit der Hinterhand blind treten). Ich entschied mich Gott sei Dank für letzteres. Vorausschauend nahm ich auf alle Fälle meine Beine aus den Steigbügeln. Es kam wie es kommen mußte. Die Stelle war zu schmal!! Ich leitete die Wendung ein, aber als die Hinterbeine quer zum Weg fußen wollten, fanden sie keinen Halt mehr!! Sie rutschten ab und im Sattel gings bergab. Mein Pferd lag buchstäblich am Bauch am Boden. Glühendheiß überkam mich der Schreck und ich begann wie verrückt mit meinen Fersen auf die Seiten des Pferdes einzuhämmern. Als wenn mein Reitkamerad nicht selber der Lage bewußt gewesen wäre. Mein guter Vierbeiner kämpfte wie verrückt gegen den Absturz und versuchte pausenlos seine Hinterbeine wieder nach oben zu bringen, strampelte wie wild, bekam Boden, rutschte ab, versuchte weiter Halt am Boden zu finden. Mir kam es vor, als würden die Sekunden zu Minuten, ich hatte nur Panik - pure Panik und Überlebensangst. Ich dachte - jezt ist gleich unser Leben aus - Puff!! Aber irgendwie schaffte mein Pferd es nach vielen vergeblichen Versuchen dann doch noch Halt zu finden und wir landeten zitternd wieder mit allen 4 Hufen am besagten Weg, diesmal Richtung Rückweg schauend. Ich dankte allen meinen Schutzengeln, Gott und der Welt, daß wir diesen Akt überlebt hatten. Ein Blick in die Schlucht - tief und düster - dort wären wir beinahe gelandet. Leise und Kleinlaut ritten wir im Schritt nach Hause. Keine Unterhaltung, keine Scherze, kein fröhliches Lachen mehr. Beim Stall angekommen erzählten wir von unserem Abenteuer. Ich aber stieg noch immer zitternd von meinem Pferd und ging als erstes, nachdem ich meinen Kämpfer versorgt hatte, in die Bar. Jetzt brauchte ich erst mal einen "Doppelten". Aus dem Doppelten wurden ein paar mehr und obwohl ich normalerweise keinen Schnaps trinke - in dieser Situation war es das Beste um mich wieder auf den Boden der Wirklichkeit zurück zu holen. Eines habe ich auf alle Fälle gelernt. Ich werde nie wieder im Ausland unter Führung einer "Frischgefangten" einen Ausritt in die Berge machen.

Auch in den Bergen, diesmal auf einem sicheren Weg

1 Kommentar:

  1. Ja, liebe Christine, dazu fällt mir nur die Komic Zeichnung ein, die ich vor kurzem auf Facebook gestellt habe, ein Pferd zieht einen total aufgelösten Menschen an einer Leine hinter sich her, dazu sagt das Pferd mit Sorgenfalten um die Augen, in einer Sprechblase: "I can lead a human, but I cannot make it think"
    So habe ich großen Respekt vor den Pferden, die immer wieder unsere Dummheiten ausbügeln!
    LG, Helga

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