Donnerstag, 8. März 2012

Verlassen unter den Sternen Andalusiens

2. - 16.9.1988
Urlaub mit Pferden, welche Freude, noch dazu in El Rocio, einer der Pferdehochburgen Andalusiens. Wer kennt nicht die berühmte Wallfahrt von El Rocio zu Pfingsten, bei der eine Million Pilger und Tausende Pferde aus allen Teilen Spaniens und dem Ausland anreisen, um der Jungfrau Maria zu huldigen. Mit meiner Freundin und Stallkollegin Regina L. wollte ich auf diesen Spuren wandeln. Auf rassigen PRE´s und Andalusiern die Gebiete der Coto Donana erkundigen, auf endlosen Sandwegen, durch Pinienwälder dem Sonnenuntergang entgegen galoppieren. Wir wohnten direkt im Ort in einem der Häuser, die alle im Hinterhof den Pferdestall dabei haben. Der Ort selbst erinnert etwas an ein Westerndorf, überall vor den Häusern und Gaststätten Balken zum Pferdeanbinden, der Sandboden ist nirgends asphaltiert, ein riesiger Reitplatz also. Eine Schweizerin lebte dort, arbeitete mit dem Reisebüro zusammen und bot Reitferien an. Als Besonderheit warb sie mit 2-Tagesritten mit Übernachtung im Freien. Das wollten wir mal erleben! Regina und ich, die wir aus der Zivilisation kommen, wollten mal erfahren, was es heißt ohne schützendes Dach und warmem Bett die Nacht zu verbringen, noch dazu mit den Pferden. Leider stellte sich vor Ort heraus, daß die guten Dame ihr Katalogversprechen nicht halten konnte. Doch wir beide ließen nicht locker und erklärten ihr, daß genau dieser Ritt der Ausschlag war, bei ihr unseren Urlaub gebucht zu haben, und sie den uns ermöglichen solle. So vermittelte sie uns doch noch bei einem anderen Reitbetrieb diesen 2 Tagesritt. Was wir aber zu diesem Zeitpunkt nicht wußten war, daß das Ganze kein reelles Unterfangen war.
Ein weiterer Gast, ein älterer Herr aus der Schweiz, Regina und ich wurden zu dem besagten Hof gebracht, um dort unseren 2Tages-Ritt zu starten. Gleich zu Beginn wunderten wir uns schon über die Pferdezuteilung. Regina bekam einen 3jährigen Hengst, im nachhinein erfuhren wir, daß der das 1. Mal bei so einer Tour dabei war. Das Pferd des Schweizers war eine Stute, unser Führer und ich hatten einen Wallach. Mein Pferd wurde mit einem geflickten, mit Schnüren notdürftig reparierten, kaputten Sattel versehen, bereits nach 5 Minuten mußte ich reklamieren, da ich darauf Schmerzen beim Sitzen bekam. Erst als ich ganz vehement erklärte da nie und nimmer 2 Tage drauf sitzen zu können, drehten wir um und ich bekam genau das Gegenteil. Ein funkelnagelneuer Sattel - der natürlich noch nicht eingeritten war, und wer schon mal auf einem spanischen Vaquerosattel saß weiß genau, daß die erst nach einiger Zeit bequem werden, wenn sie "eingesessen" waren. Nagelneu ziemlich unbequem. Doch aber besser als der verschlissene.
Wir befestigten unser ganzes Gepäck so gut es ging an den Sätteln, Schlafsäcke, Utensilien, die man so in der Pampa braucht, Essen und Getränke. So ritten wir los und im Schritt gings durch die Gegend. Der junge Hengst gebärdete sich oftmals etwas heftig - kein Wunder - war doch alles neu für ihn. Ich war nur heilfroh einen ruhigen sanften Wallach bekommen zu haben. Wunderschöne Galoppstrecken wurden nur im Schritt zurückgelegt. Etwas enttäuscht machten wir dann Rast und stärkten uns an den mitgebrachten Vorräten. Am Nachmittag dasselbe. Im Schritt, 1x eine kurze Trabstrecke, die Gegend hätte mehr hergegeben. Gegen Abend begann unser Führer einen Schlafplatz zu suchen. Verwundert blickten wir uns an, er hatte nicht mal einen Plan, wo das sein sollte. 2x drehten wir um und ritten weiter. Endlich fand er eine Stelle, die als Nachtlager taugte. Ein kleiner Bach mit grünem Gras bot den Pferden Futter und Wasser. Er spannte ein Seil von Baum zu Baum von einem Ufer zum anderen. Die Pferde wurden abgesattelt und aufgehalftert. Mit einem Strick wurden sie dann an dieses Seil mit einem Karabiner angehängt, sodaß sie über den Bach hin und hergehen konnten. Wir suchten uns einen Platz wo wir unsere Unterlagen und Schlafsäcke ausbreiteten. Dann ein Telefonat unseres Führers und nach einiger Zeit kam ein Geländewagen und wir trauten unseren Augen kaum - unser Führer ließ sich abholen und ließ uns 3 mit den 4 Pferden mutterseelen alleine. Auf unsere Frage, was er sich dabei denke uns hier in der Pampa alleine zu lassen bekamen wir nur die Antwort: morgen um 10 bin ich wieder da. Wir waren so verblüfft, daß wir nicht reagieren konnten. Husch, husch war er weg. So haben wir uns das aber nicht vorgestellt!
Wir packten unser Essen aus und setzten uns gemütlich zusammen. Plauderten etwas. Der junge Hengst bekam, nachdem er anscheinend satt gefressen war, plötzlich Paschaallüren und besprang die Stute, die aber gar nicht damit einverstanden war. Ein Tumult, der sich nicht legen wollte. So sagte ich zu Regina sie müsse den Hengst einzeln an einem Baum anbinden, da sonst womöglich etwas passieren würde. Na so ganz glücklich war der Kleine nicht damit, aber was half es. Die Ruhe bei den Pferden war wieder eingekehrt.
Als es dämmrig wurde packte unser männliche Schweizer "Beschützer" plötzlich seine Sachen, wünschte uns eine gute Nacht und verschwand!!!! Wir waren baff! Jetzt waren Regina und ich wirklich alleine in der Weite der spanischen Natur. Alleine mit 4 Pferden und dem Gedanken - na wir wollten ja mal erleben wie das so ist unterm Sternenzelt. Wir rollten unsere Schlafsäcke direkt am Weg entlang vom Bach aus. Einen besseren Platz bei den Pferden gab es nicht, und die wollten und konnten wir nicht alleine lassen. Das einzig Ungute war, sollte sich ein Pferd losreißen war es der einzige mögliche Weg wo es laufen konnte - sprich wir würden unter die Hufe kommen. Wir lagen also in unseren Schlafsäcken, den Geräuschen der Natur lauschend.
Als die Nacht hereinbrach und man nicht mehr die Hand vor den Augen sehen konnte glaubte der junge Hengst, daß er jetzt ganz alleine wäre. Und was tut so ein Pferd, das seine Kumpels nicht mehr sieht? Er beginnt sie ganz verzweifelt zu rufen. TOLL!! Alle 5 Minuten ein schrilles Wiehern nach Seinesgleichen. Wir schrien und schimpften, aber nach 5 Minuten das gleiche Theater. So verbrachten wir die ganze Nacht. Kaum etwas eingeschlafen - der Weckruf. Außerdem lauschten wir nach Hufgetrappel von eventuell frei gewordenen Pferden, es könnte ja sein, daß die durch das klägliche Wiehern Ambitionen entwickeln, um ihrem Kumpel beizustehen. So hatten wir uns das spanische Abenteuer nicht vorgestellt. Als endlich der Morgen graute, uns alles wehtat vom Liegen am harten Boden, wußten wir: für die unendliche Freiheit sind wir nicht geschaffen. Wir waren aber trotzdem stolz die Herausforderung gut gemeistert zu haben. Zum Frühstück vertilgten wir die letzten Reste und schau-schau unser toller Schweizer Begleiter tauchte auch wieder auf, der erzählte nur, daß ihn seine Wanderung nach einem ruhigen Schlafplatz ziemlich weit von uns entfernt hatte.
So gegen 1/2 11 Uhr tauchte auch wieder unser Führer auf und brachte Kraftfutter für die Pferde mit. Unsere Erlebnisse interessierten ihn herzlich wenig. Der Heimritt dauert nicht mal 3 Stunden, er hatte uns einfach nur im Kreis geführt, wie wir dann festgestellt haben. Der ganze Ritt beinhaltete keinen Galopp und war fast für Nichtreiter machbar, naja ein richtiger Touristennepp halt.
Im Nachhinein gesehen haben wir aber unsere persönliche Erfahrung in nicht alltäglicher Situation gemacht, gelernt für die Zukunft haben wir auch, sich vorher noch besser zu erkundigen, was angeboten und wie es umgesetzt wird.


Bereit zum Abenteuer
Unterwegs in den Weiten Andalusiens

Unser Nachtlager mit Abendessen


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