20.12.2005
Ich kam
heute später als sonst zu dir. War eingeladen zu einem vorweihnachtlichen Essen
bei Freunden. Hatte auch noch den „Schwarzen“ von Christl Kapitain zu
longieren. Ich habe mir heute kein Reiten mehr vorgenommen, wollte dir Marfim
einen Pausentag gönnen. Wenn die große Halle frei wäre, das wäre toll. Dann
könntest Du auf 2400 m² machen, was du wolltest. 2400 m² Platz zum wälzen, zum
schnuppern, zum markieren und äpfeln, und natürlich zum laufen, ohne daß gleich
nach ein paar Metern die Wand da ist. 60x40 m sind eine tolle Spielwiese für
Pferde. Aber leider haben wir keine Spielwiese, war haben eine Reithalle,
und da wird natürlich geritten. Spät am abend, wenn eigentlich alle fertig
sind, kommt dann doch noch der eine oder andere Reiter, der sich auch verspätet
hat, oder ein notorischer Spätkommer ist. Tatsache ist, daß heute abend die
Halle nie frei wurde. So dachte ich mir, ich hänge dich an die Longe, ganz lang
und ohne der Einstellung dich zu arbeiten. du solltest dich nur bewegen, ohne
Gymnastik, ohne Ernst. Nur folgen solltest du schon, sodaß das Ganze in
geordneten Bahnen ablief. Ich hatte das noch nie mit dir gemacht. Entweder
longieren und arbeiten oder freilaufen und spielen. Du hast gespürt, heut ist
es anders. Zuerst ließ ich dich lange im Schritt gehen, zum aufwärmen. Etwas so
wichtiges, was leider fast alle Pferdebesitzer vernachlässigen. Das kostet ja
Zeit und ist fad, nur im Schritt 15 – 20 Min. herumzulatschen. Na ja, einige
machen es doch, aber eher hinterher zum tratschen, da bringt es nur mehr den
Ausklang, das was vorher wichtig für die Gesundheit wäre, dafür ist es zu spät.
Du gingst
also zuerst mit und dann noch ohne Decke deine 15 Min. Schritt in beiden Richtungen. Ab und zu eine Haltparade, als Abwechslung. Dann ließ ich dich
antraben. Munter hobst du deine Füße in einem schönen Takt. Ganz leicht war
deine Anlehnung an der Longe. Dein inneres Ohr lauschte wie angeklebt in meine
Richtung. Plötzlich galoppierst du an, ein kurzer Stop, um die Kraft und
Energie noch oben zu sammeln, springst mit allen 4en in die Luft, ein
Freudenbuckler wie es aussah. Mit der Stimme konnte ich dich gleich wieder in
Trab bringen, doch kurz darauf wieder ein eigenmächtiges angaloppieren, mit
kurzen Stops, um wieder die Energie für ein paar kräftige Buckler nach oben zu
gewinnen, und für ein paar rasante Runden im scharfen Galopp. Wie gerne würdest
du jetzt all deine Kraft in die Galoppade legen. Trotz des Tempos und der
Buckler blieb die feine Verbindung der Longe unverändert. Mit leichtem
schlenkern und beruhigenden Worten konnte ich dich rasch wieder in gemäßigtes
Tempo bringen. Da blitzte der Schalk aus deinen Augen, dein Lebensfreude kam
zum Ausdruck. Mit extremer Innenstellung und –biegung umkreist du mich, dein
ganzer Körper rief mir zu – spiel mit mir! So wie wir es bei der Freiarbeit
immer wieder tun.
Ich war
über deine Ausbrüche sehr verwundert, wußte momentan nicht, ob sie eine Antwort
auf die anderen Pferde gedacht war, die oft sehr nahe bei dir vorbeiliefen, und
Scheinangriffe darstellen, doch ich merkte dann, daß es reiner Übermut war. Ich
verbot dir den rasanten Galopp, wollte ich doch wenigstens die Gangart
bestimmen, und so hast du im Trab die Beine ganz hoch geschmissen, bis zur
Waagrechten, und die eine oder andere Runde Passage war auch dabei. Die ganze
Zeit hatte ich dich unter Kontrolle, und das ganz ohne Kraftaufwand! Welch ein
Pferd!! Ich liebe dich dafür. Nur ein Lusitano deines Kalibers ist dazu fähig!
Ich stand ganz ruhig in der Mitte, hielt die Longegerte in Passivstellung und
mit Stimme und minimaler Zeichensprache zog ich die Fäden.
Alle
anwesenden Reiter beobachteten unser Spiel, sogar Leute, für die wir
normalerweise ja total uninteressant sind. Keiner konnte sich unserer Präsentation
entziehen. Meine Verwunderung wich Freude und Stolz über dich Marfim, was für
ein Pferd! Liebe erfüllte meinen Körper, Liebe zu dir, über deine weiten
Trabtritte, wenn du die Beine bis zur waagrechten anhebst, über deinen
schwingenden Rücken, deinen gebogenen Hals mit der langen wehenden Mähne, über
deine Haltung, wenn du den Kopf zur Brust nimmst, über deine runde Krupp mit
dem entspannten Schweif, über deine aufmerksamen Ohren, die immer in meine
Richtung horchen, über deinen frechen Blick, der sagt: na komm schon, spielen
wir, über den spanischen Schritt, den du so gerne zeigst. Ich liebe deine
Freude und dein „kernig“ sein, denn dann weiß ich – es geht dir gut.
Ich werde
jeden deiner Freudentage mit jeder Faser meines Körpers genießen.
Das Auge von meinem Schatz Marfim |
Schön, deine Freude über dieses Pferd zu lesen, nicht alle Lusitanos sind so gestrickt, er ist einfach DEIN Marfim und DEINE Herzensfreude!
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