Sonntag, 2. Oktober 2011

Was für ein Kampf!


Freitag, 2. September 2005
Marfims Koppel ist gleich anschließend an Sonnys Koppel, der auch Hengst ist. Zwischen den beiden Koppeln ist ein ca. 1m breiter Zwischengang, sodaß die zwei nicht zusammen kommen können. Das wäre eine Katastrophe, wenn die zwei Hengste aufeinander treffen würden. Beide Deckhengste, beide starke Persönlichkeiten.
Als die Koppeln gebaut wurden, gingen die Stangen aus. So wurden an einer Stelle zum Zwischengang statt einer Stange ein alter Feuerwehrschlauch angenagelt. Mir war das gar nicht recht, weil diese Schläuche leicht durchhängen und etwas nachgeben. Nicht so fest wie eine Holzstange. Aber meine Bedenken wurden vom Vorstand des Vereines als nichtig abgetan. An diesem besagen Freitag passierte das, was ich eigentlich vorhergesehen hatte.
Marfim kletterte zwischen oberster Holzstange und mittlerem Schlauch durch, um zu seinem Kontrahenden zu gelangen. Das hätte er besser bleiben lassen, da er die weitaus schlechteren Karten hatte. Der Kampf ging los. Sonny hatte ja volle Bewegungsfreiheit, um seine Angriffe tätigen zu können. Marfim war wie im Zwangsstand eingesperrt und konnte sich kaum wehren. So sah er dann auch aus. 36 gezählte Bisswunden am ganzen Körper, viele davon am Hals und Schulter, die blutig waren – er sah aus wie ein Fleckerlteppich – gegen 7 Bisse, die er Sonny,der ja frei war, trotz Eingekeiltsein beibringen konnte. Niemand war dabei, niemand hat was mitbekommen, niemand reagiert. Aber ich kann mir schon vorstellen, daß mächtiges Geschrei und Geraufe statt fand. Als Jaro, der Stallbursche endlich nach dem Rechten sah, konnte er anfangs Marfim gar nicht helfen und aus seiner misslichen Lage befreien. Er mußte erst Werkzeug holen, um das Ende des schmalen Verbindungsganges aufzubrechen, um Marfim rauszuführen. Zurückklettern war nicht möglich. Na ja, er hat es mit vielen Schrammen aber ohne schwere Verletzungen überlebt, aber ich möchte nicht nochmals in die Situation kommen, daß beide Hengste aufeinander treffen.

Ein paar Tage später kam Trixi, die mit Pferden kommunizieren kann, um Marfim zu interviewen. Ich wollte eigentlich wissen, warum er das getan hatte, in den Verbindungsgang zu klettern. Folgendes Interwie kam dabei raus.

Hallo! Ja ich habe gekämpft, sehr sogar, so richtig stark (am 2.9.), fühl mich aber nicht gut danach. Heute schon besser. Heute bin ich schon wieder schöner, meinte er dann. Wollte ein Mann sein, stark sein. Der andere hat gesagt - ich bin mickrig, etwas. Nein, Spaß beiseite. Mir ist es einfach mal durchgegangen, wollte ein starker Hengst sein, kann schon mal passieren. War ganz einfach, durch die Löcher durchzusteigen. Habe es mir lange genug angeschaut. Habe das einfach mal gebraucht, um wieder loslassen zu können und zu lernen, daß Herz und Verstand wichtiger sind, als ein Macho zu sein. Fühl mal, war angesagt, mich dem Kampf zu stellen und zu sein wie andere. Hat mir nichts gebracht außer Schmerzen. So ist es nun einmal. Kämpfen, schön und gut, bringt es was oder nicht, es bringt gar nichts, überhaupt nichts. Anstatt den Sonnenschein und den Duft der Erde zu spüren, zu leben. Eigentlich wollte ich beides, einfach Freiheit und mich dem anderen stellen, (Er hat die Vorstellung, er tut mal kurz dem Anderen sagen, wer der Stärkere ist) und dann weitergehen, und wegzugehen. Hat nicht funktioniert. Werde jetzt brav sein. Aber ein anderer Nachbar wäre mir lieber. Kein Hengst. Manchmal steigt einem dann doch die Energie in den Kopf. Ich möchte das eh nicht mehr, aber man kann nie wissen. Im Prinzip lerne ich gut was das Göttliche betrifft, aber die Energie richtet sich im Moment mehr nach den irdischen Kämpfen wie besser sein, stärker sein, alles können. Und so kann es auch jemanden wie mich erwischen, ist halt ansteckend. Dir ist es ja auch so gegangen. Wir müssen tatsächlich lernen, uns aus diesen Versuchungen raus zu halten. Aber leichter gesagt als getan, wenn es da so frech vor deiner Nase herum wedelt. Sag ihr, sie unterstützt mich, wenn sie wieder feiner wird. Dann geht es auch mir leichter. Paßt auf was ihr tut, paßt auf was ihr denkt. Geht an den Fallstricken der Macht „der Stärkere siegt“ vorbei, hört auf euer Herz, laßt die Herzen sprechen, damit die Erde wieder ruhiger wird, sie bebt sonst. Starke Schmerzen im Hufbein rechts hinten, lahme zwar nicht wirklich, könnte noch was rauskommen. Kummer ade, ich werde wieder. Unterstützt mich, daß ich mich nicht mehr in Versuchung führen lasse. Möchte ein guter Mann mit Herz sein. Kein Boß, sondern Herz und Hirn im Einklang leben. Vielleicht mal eine nette Stute, aber nicht wirklich nötig, aber dann nur eine schöne sanfte, so wie ich es bin und eine Seele, sie sich dann wirklich um das Fohlen kümmert. Aber nicht zu oft, damit ich mehr in die Liebe und Nähe gehe. Bussi drauf. Das war ein Kampf! Stier ade. (Aus seinem früheren Leben als Stierkampfpferd). Rein ins kuscheln, packt Eure Hörner weg. Sagt: ich lasse los und genieße. Bis bald, Bussi, ade. Bin Kummer gewohnt, aber es heilt eh alles wieder (wie bei seinen früheren Verletzungen). Bin stark und  auch zuversichtlich.


Blick auf Sonnys Koppel. Wo ist ER?
Ah ja, da ist er auf der anderen Seite!
Dem muß ich mal ein richtiges Schulterherein zeigen!
Bin ich nicht ein toller Hengst?
Und noch ein rasanter Galopp zum Angeben!

1 Kommentar:

  1. Wenn ich solche Geschichten lese, bin ich doppelt froh, dass ich jetzt alle meine Hengste kastriert habe, man hat um 90% weniger Sorgen. Nach 30 Jahren nur mit Hengsten, muss ich mich erst wieder langsam daran gewöhnen, - ich habe immer noch einen Adrenalinschub und Schweißausbrüche, wenn ich mit meinem nun kastrierten Hengst gehe und mir ausgebrochene Pferde frei entgegenlaufen.

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