25.12.2005
Eigentlich
wollte ich heute zu Hause bleiben, seit langem ein Tag ohne zu dir, Marfim zu
fahren. Lea, eine gute Bekannte würde für dich sorgen und dich bewegen. Irgendwie paßte es aber
nicht, ich rief Lea an und verlegte meinen freien Pferdetag auf morgen.
Irgendwie zog es mich heute total zu dir. Alles war wie immer, nichts
Ungewöhnliches. Ich machte all die Routinearbeiten wie ausmisten, putzen und
satteln. Beim Reiten deutete nichts auf etwas außergewöhnliches hin, das heute
noch passieren sollte. Du warst wie in den letzten Tagen, nicht wirklich gut,
aber auch nicht wirklich schlecht. Ausgenommen der Galopp, der in letzter Zeit
konstant besser wurde. Ich konnte dich jetzt setzen, und der Widerrist kam
hoch. Am Stundenende wollte ich noch einen Mitteltrab auf der Diagonalen
reiten, um am Ende stark zu verkürzen bis zur Piaffe. Ich schickte dich los, du
tratest gut an. Gegen Ende der Diagonalen setzte ich mich tief in den Sattel,
legte meine Schenkel zurück. Ich dachte nur ans Setzen und Verkürzen. Du kamst
zurück, doch anstatt in die Piaffe zu gehen passagiertest du los. Ich war
perplex und total baff. Ich ließ die Zügel los, ein Freudenschrei kam über
meine Lippen, und ich tätschelte deinen Hals. Jetzt wollte ich es wissen. War
es Zufall, oder konnte ich noch einmal die Passage abrufen. Wieder ging ich auf
die Diagonale, verstärkte die Trabtritte, wieder nahm ich stark auf, versuchte
dich zu setzen, und tatsächlich, du schenkst mir wieder Passagetritte.
Überglücklich, wie man nur sein kann, wenn man nach 1 ¾ Jahren fast nicht mehr
daran denkt, es zu schaffen, zeigst du mir, daß du es kannst. Heute schenkst du
mir dieses wunderbare Gefühl, wenn der Spannungsbogen Rücken in Schwingung
kommt, und man dieses sanfte nach oben und unten bringen spürt. Eine Elegance
der Bewegung und die feine Kommunikation zwischen zwei Körper. Deine stolze
Präsentation, die Selbstbewußtheit und Zufriedenheit ausdrückt.
Vor lauter
Glück meinte ich zu zerspringen, ich umarmte meinen Schatz, flüstere ihm
Koseworte ins Ohr und streichelte immer wieder seinen Hals.
Ich wollte
mein Glück unbedingt mit jemanden teilen. Mir fiel Conny, eine liebe Freundin, die auch auf der Anlage einen wunderbaren Painthengst stehen hat, ein und ich rief sie
an. Ich erzählte ihr was passiert war, und sie wollte gleich kommen. Sie bat
mich es ihr zu zeigen. Kurz darauf betraten Conny und auch eine gemeinsame Reitkollegin - Betty die Reithalle. Ich
war inzwischen Schritt am langen Zügel gegangen. Noch einmal nahm ich die Zügel
auf ging auf eine Schlangentour in 3 Bögen, um ihn wieder an die Hilfen zu
bekommen. Er bot wieder die Passage an, doch ich forcierte sie nicht. Am Ende
der Diagonalen wollte ich wie vorher, doch ich zollte dem Vorführeffekt Tribut.
Ich meinte zu den beiden, es geht nicht mehr, doch Marfim wollte es den beiden
dann doch noch ein paar Tritte zeigen.
Marfim
lehrt mich Geduld zu haben, keinen Druck mir und ihm zu machen, mein Ego
hintanzustellen. Ich dachte in den letzten Wochen zwar immer wieder an die
Passage, ohne dabei aber innerlich einen Zwang zu spüren. Er lehrte und lehrt
mich das Reiten nicht als Selbstzweck zu sehen, sondern das Eingehen auf den
anderen, das Fühlen der Seelen, die Harmonie und als Geschenk das Einssein.
Diese Harmonie kann man nicht bei Trainern lernen, man kann sie nicht wie
Lektionen üben, nein diese Harmonie muß wachsen und gedeihen, man muß sich auf
den anderen einlassen. Einlassen, mit allen Empfindungen, mit allem spüren, mit
allen Gedanken, nicht nur die Zeit, wenn man oben sitzt.
Marfim
zeigte mir schon so viel, zeigte mir schon oft seine Seele, wie beim 1. span.
Schritt an der Hand, später unterm Sattel, die Piaffe, den gesetzten Galopp, und
jetzt die Passage. Wie sehr liebe ich ihn dafür. Auch daß er immer wieder
Geduld mit meinen Unzulänglichkeiten zeigt.
Ich freue
mich auf noch hoffentlich viele harmonische Stunden mit dir.
Harmonie mit meinem Schatz |
Ja, Ja, - die Geschenke der Pferde sind nicht zum "Vorführen" gedacht, - die schönsten Geschenke bekommt man immer, wenn man geistig ganz bei ihnen ist und nicht den Satz im Kopf hat: "Guck mal liebe Stallkollegin, wie toll mein Pferd jetzt geht!" Das Geschenk ist für dich und nur für dich bestimmt!
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